Nachrangdarlehen – bitte nach Ihnen
Grundsätzlich sind Nachrangdarlehen aufgebaut wie herkömmliche Kredite. Im Insolvenzfall werden diese meist ungesicherten Kredite jedoch entsprechend ihres Namens nachrangig behandelt und stellen daher für Kreditgeber ein höheres Risiko dar.
Veröffentlicht am: 26.05.2021
Erfahre im folgenden Artikel alles, was es über nachrangige Darlehen zu wissen gibt und was sie für Kreditgeber und Kreditnehmer im Einzelnen bedeuten.
Was ist ein Nachrangdarlehen?
Nachrangdarlehen sind Schuldtitel, die in Bezug auf den Anspruch auf das Vermögen des Kreditnehmers nachrangig gegenüber anderen Schuldtiteln sind. In einfachen Worten kann man sagen, dass im Insolvenzfall eines Kreditnehmers der Kreditgeber der nachrangigen Schuld die Zahlung erst nach der Zahlung an alle anderen Schuldner erhält.
Kreditgeber, die nachrangige Darlehen anbieten, sind sich bewusst, dass dies von Natur aus riskanter ist, weshalb sie für diese Form von Darlehen in der Regel einen höheren Zinssatz verlangen.
Im Liquidations- oder Insolvenzfall sieht die Rangfolge wie folgt aus:
Normale Verbindlichkeiten mit Banken oder Lieferanten,
Nachrangdarlehen,
Gesellschafterdarlehen
Eigenkapital
Hinweis: Der Name des „Nachrang“-darlehens sollte nicht zu dem Missverständnis führen. Der gewährte Kredit ist keinesfalls in der Bedeutung nachrangig. Er ist grundsätzlich wie ein gewöhnliches Darlehen aufgebaut, weswegen auch die Ratenzahlungen genauso wichtig und zuverlässig zu leisten sind.
Wer nimmt nachrangige Darlehen auf?
Kreditnehmer von nachrangigen Darlehen sind in der Regel Unternehmen. Diese Art von Fremdkapital ist zwar riskanter, kann sich aber für kleine Unternehmen, die wachsen wollen, als sehr nützlich erweisen. Da diese Unternehmen neu sind und noch nicht über viel Glaubwürdigkeit bzw. Kreditwürdigkeit verfügen, haben sie oftmals keinen Zugang zu anderen, sichereren Formen von Fremdkapital. Kreditgeber können jedoch bereit sein, ihnen Darlehen anzubieten, allerdings zu einem höheren Zinssatz, da sie ein höheres Risiko tragen. Somit bietet ein solches Darlehen einem kleinen Unternehmen die Chance, seine Geschäfte anzukurbeln.
Jedoch können auch Hauseigentümer nachrangige Schulden in Form einer zweiten Hypothek aufnehmen. Eine zweite Hypothek wird als nachrangiges Darlehen betrachtet, weil sie der ersten Hypothek, die das primäre oder vorrangige Darlehen ist, untergeordnet ist.
Wer vergibt Nachrangdarlehen?
Bei der Vielfalt an Kreditgebern ist die Suche nach seriösen Anbietern oft nicht ganz einfach. Interessenten sollten im Zusammenhang mit Nachrangdarlehen auf jeden Fall aufhorchen, wenn Anbieter mit auffällig günstigen Zins- und Vertragskonditionen werben. Generell sollten in jedem Fall alle notwendigen Vertragsunterlagen eingehend studiert werden, um eventuelle Fallstricke nicht zu übersehen. Im Zweifel empfiehlt es sich, einen professionellen Finanzberater zu kontaktieren.
In der Regel können sich Interessenten ohne Bedenken an die folgenden Anbieter von Nachrangdarlehen wenden: alle regionalen Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie andere Genossenschaftsbanken. Oft sind diese Banken auch bei Beleihungswerten von mehr als 60 Prozent zur Vergabe von Darlehen mit günstigen Konditionen bereit.
Verwendungsmöglichkeiten von Nachrangdarlehen
Ein Nachrangdarlehen kann in verschiedenen Szenarien sinnvoll sein. Ein Unternehmen hat zum Beispiel ein langfristiges Darlehen bei einer Bank, benötigt nun aber eine zusätzliche Finanzierung, welche die Hausbank jedoch nicht bereitstellen will. Hier kommt ein Nachrangdarlehen infrage, wodurch die Priorität der ersten Schuld unberührt bleibt.
Ein anderes Beispiel: Ein Unternehmen hat in der Anfangszeit einen Darlehensvertrag mit einem Investor abgeschlossen, und benötigt jetzt zusätzliches Kapital. Der Investor erklärt sich für einen Nachrangdarlehensvertrag bereit, sein Darlehen und alle Anteile an den Sicherheiten des Unternehmens dem neuen Darlehen, welches das Unternehmen von einem anderen Kreditgeber erhält, nachrangig zu stellen.
Was sind partiarische Nachrangdarlehen?
Vergibt ein Kreditgeber ein partiarisches Nachrangdarlehen an ein Unternehmen oder eine Organisation, erhält er für anstelle der sonst üblichen Zinsen einen vorher vereinbarten Anteil vom Umsatz oder Gewinn des Kreditnehmers. Die Konditionen und die Überwachung der Kriterien durch den Gläubiger werden vorab von beiden Parteien in freier Selbstbestimmung in einem Vertrag festgehalten.
Hinweis: Gelegentlich werden partiarische Nachrangdarlehen fälschlicherweise mit einer stillen Beteiligung gleichgesetzt. Ein Fehler, denn die Vertragsparteien sind rechtlich nicht wirklich in einer Gesellschaft miteinander verbunden.
Vor- und Nachteile von Nachrangdarlehen
Bei der Bewertung der Vor- und Nachteile von nachrangigen Darlehen muss zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern unterschieden werden.
Vorteile für den Darlehensnehmer
Unternehmen können so ihre Eigenkapitalquote erhöhen (führt wiederum zu besseren Konditionen bei Aufnahme herkömmlicher Kredite)
Darlehen auch mit wenig Eigenkapital möglich
Weniger Sicherheiten gefordert
Möglichkeit, bestehende Kredite zu erweitern
Nachteile für den Darlehensnehmer
Hohe Zinsen
Vorteile für den Darlehensgeber
Hohe Renditen durch hohe Zinsen
Nachteile für den Darlehensgeber
Hohes Ausfallrisiko
In der Regel langfristige Bindung des Kapitals
Beispiel Nachrangdarlehen
Die Lagerhalle eines Unternehmens wurde über eine klassische Immobilienfinanzierung finanziert. Ihr aktueller Verkehrswert liegt bei 300.000 €. Die ursprüngliche Baufinanzierung für die Lagerhalle ist mit einer Belastung von 220.000 € ins Grundbuch erstrangig eingetragen worden. Aktuell beträgt die Restschuld aus diesem Darlehen noch 170.000 €.
Nun soll die Lagerhalle erweitert werden. Dafür soll ein weiteres Darlehen in Form eines Nachrangdarlehens in Höhe von 60.000 € bei einer anderen Bank aufgenommen werden. Das Nachrangdarlehen wird nun im Rang nachfolgend zum ersten Darlehen in das Grundbuch der Immobilie eingetragen. Nach der Erweiterung beträgt der neue Verkehrswert der Lagerhalle 320.000 €.
Daraus ergibt sich Folgendes:
Alter Verkehrswert: 300.000 €
Alte Beleihungsgrenze: 240.000 € (80Prozent des Verkehrswerts)
Wert des erstrangigen Darlehens: 220.000 €
Restschuld des erstrangigen Darlehens: 170.000 €
Neuer Verkehrswert: 320.000 €
Neue Beleihungsgrenze: 256.000 €
Der vorherige Beleihungsauslauf betrug:
76,666 % [=170.000+60.000 / 300.000 x 100] < 80 % (Schwelle)
Der neue Beleihungsauslauf beträgt:
71,875 % [=170.000+60.000 / 320.000 x 100] < 80 % (Schwelle)
Die neue Beleihungsgrenze von 256.000 € stellt die 80-prozentige Schwelle für den maximalen Beleihungsauslauf dar. Es könnten also theoretisch weitere 26.000 € für das Nachrangdarlehen ausgenutzt werden. Ob dies in der Praxis tatsächlich möglich ist, hängt jedoch von der Entscheidung der als zweite Gläubigerin eingetragenen Bank ab. Insbesondere würde sie in unserem Beispiel darauf bestehen, die mögliche Wertsteigerung der Lagerhalle durch eine eigene Begutachtung selbst zu beurteilen.
Nachrangdarlehen als Investitionsmöglichkeit?
Im Bereich des Crowdinvesting kommt es häufig vor, dass Projekte durch Nachrangdarlehen finanziert werden. Der Darlehensvertrag wird dabei zwischen Unternehmen oder Projektinhabern und den Anlegern geschlossen.
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Veröffentlicht am: 20.05.2022