Tilgungsdarlehen – sinkende Raten, weniger Zinsen
Tilgungsdarlehen sind persönliche oder gewerbliche Kredite, die der Kreditnehmer in meist monatlichen Raten zurückzahlen muss. Bei jeder Ratenzahlung zahlt der Kreditnehmer einen gleichbleibenden Teil des geliehenen Kapitals zurück. Hinzu kommt ein mit der Zeit kleiner werdender Zinsbetrag.
Veröffentlicht am: 20.05.2021
Tilgungsdarlehen werden nur selten genutzt, da die hohen Monatsraten zu Beginn der Laufzeit für viele Kreditnehmer ein Grund sind, sich für Kreditarten mit gleichbleibenden Raten zu entscheiden.
Was ist ein Tilgungsdarlehen?
Mit einem Tilgungsdarlehen stellt ein Kreditgeber dem Kreditnehmer einen festen Geldbetrag zur Verfügung, der in regelmäßigen Abständen zurückgezahlt werden muss. Jede Rate beinhaltet die Rückzahlung eines Teils des geliehenen Kapitalbetrags und auch die Zahlung von Zinsen auf die Schuld.
Die Hauptvariablen, die die Höhe der Raten bestimmen, sind der Darlehensbetrag, der Zinssatz, der dem Darlehensnehmer berechnet wird, und die Laufzeit des Darlehens.
Der wichtigste Unterschied zu anderen Darlehensarten ist vermutlich, dass beim Tilgungsdarlehen der monatlich zu zahlende Zinsanteil kontinuierlich abnimmt. Dieser wird nämlich jeden Monat neu auf die mit jeder Ratenzahlung gleichmäßig sinkende Restschuld berechnet. Mit zunehmender Dauer des Tilgungsdarlehens nimmt auch die Monatsrate ab. Während der Kreditnehmer am Anfang relativ hohe Raten stemmen muss, sinken die Raten zum Ende der Laufzeit auf den bloßen Tilgungsbetrag, da die Zinszahlungen zu diesem Zeitpunkt immer näher an null heranrücken.
Hinweis: Neben den Zinsen fallen in der Regel weitere Gebühren an, wie z. Bsp. Gebühren für die Antragsbearbeitung, Gebühren für die Kreditvergabe und eventuelle Zusatzkosten wie eventuelle Verzugszinsen.
Wie funktioniert ein Tilgungsdarlehen (mit Beispiel)?
Die Funktionsweise von Tilgungsdarlehen ist relativ einfach und lässt sich am besten anhand eines Beispiels erläutern:
Wird z. Bsp. im Rahmen einer Immobilienfinanzierung über 100.000 Euro eine Darlehenslaufzeit über 120 Monate bei einem Zinssatz von 1,5 Prozent vereinbart, beträgt die monatliche Tilgungsrate bis zum Ende der Laufzeit 833,34 EUR (100.000 EUR dividiert durch 120 Monate).
Die Ratenzahlung im ersten Monat läge bei insgesamt 958,34 Euro (833,34 Euro Tilgung und 125 Euro Zinsen). Die Ratenzahlungen im 60. Monat, also nach der Hälfte der Laufzeit, läge bei 896,89 Euro (833,34 Euro Tilgung aber nur noch 63,55 Euro Zinsen). Die Schlussrate läge bei 833,58 Euro (832,54 Euro Tilgung und nur noch rund 1 Euro an Zinsen). Insgesamt lägen die Zinskosten dieses Tilgungsdarlehens bei 7.562,44 Euro.
Tilgungsdarlehen Vor- und Nachteile
Natürlich hat die Kreditform des Tilgungsdarlehens Vor- und Nachteile, die es vor der Entscheidung für oder gegen einen Kredit gegeneinander abzuwägen gilt. Wir haben hier die wichtigsten Vor- und Nachteile von Tilgungsdarlehen in einer übersichtlichen Liste zusammengefasst:
Vorteile
Nachteile
Vorteile
Schnellere Begleichung der Restschuld
Nachteile
Hohe finanzielle Belastung zu Beginn der Kreditlaufzeit
Vorteile
Geringere Zinskosten (& Gesamtkosten)
Nachteile
Eventuell hohe Zusatzkosten bei Sondertilgungen o.ä.
Vorteile
Mehr freies Kapital
Nachteile
Meist längere Darlehenslaufzeiten
Vorteile
Bei Vermietung können Erlöse durch Abschreibungen sowie die Mieteinnahmen zur höheren Tilgung am Anfang der Laufzeit verwendet werden.
Nachteile
Darlehensform nur in seltenen Fällen für Privatpersonen zugänglich.
Kündigung oder Sondertilgung beim Tilgungsdarlehen
Wurde im Rahmen eines Tilgungsdarlehens zwischen Kreditnehmer und Bank eine variable Verzinsung vereinbart, sind Sondertilgungen jederzeit möglich. Wurde im Vertrag jedoch ein festgeschriebener Zinssatz vereinbart, sind Sondertilgungen nur dann kostenlos möglich, wenn auch sie im Vertrag vereinbart wurden. Ansonsten ist die Bank berechtigt, entsprechende Gebühren zu erheben.
Wird der Darlehensvertrag vorzeitig gekündigt, muss der Kreditnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zahlen, deren Höhe allerdings per Gesetz festgelegt ist.
Hinweis: Eine kostenlose Kündigung ist nach zehnjähriger Laufzeit grundsätzlich möglich. Dafür müssen Kreditnehmer bloß ein berechtigtes Interesse vorweisen können. Dies liegt beispielsweise dann vor, wenn die finanzierte Immobilie verkauft werden soll.
Zinsbindung beim Tilgungsdarlehen
Kreditnehmer können sich bei der Beantragung eines Tilgungsdarlehens meist für eine Zinsbindung oder eine variable Verzinsung des Darlehens entscheiden. Üblicherweise sind Zinsbindungen für einen Zeitraum zwischen fünf und 15 Jahren möglich.
Eine variable Verzinsung eignet sich bei einem Tilgungsdarlehen prinzipiell besser als bei einem Annuitätendarlehen, da die Zinshöhe mit zunehmender Laufzeit geringeren Einfluss auf die monatlichen Raten hat.
Tilgungsdarlehen vs. Annuitätendarlehen vs. Endfälliges Darlehen
Neben Tilgungsdarlehen werden von Banken weitere Darlehensformen wie Annuitätendarlehen oder das Endfälligkeitsdarlehen angeboten. Kreditnehmer können im Rahmen der Beantragung wählen, welche Darlehensform sie nutzen möchten. Dabei sollte die Auswahl stets so erfolgen, dass die Darlehensform zu den individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten passt.
Tilgungsdarlehen
Annuitätendarlehen
Endfälligkeitsdarlehen
Tilgungsdarlehen
Monatliche Rate sinkt über die Laufzeit.
Annuitätendarlehen
Monatliche Rate bleibt über die Laufzeit konstant.
Endfälligkeitsdarlehen
Kleine Monatsraten zahlen nur die Zinsen.
Tilgungsdarlehen
Tilgung bleibt über die Laufzeit konstant.
Annuitätendarlehen
Tilgungsanteil an der Rate wird mit der Laufzeit höher.
Endfälligkeitsdarlehen
Vollständige Tilgung erfolgt erst am Ende der Laufzeit.
Tilgungsdarlehen
Zinssatz bleibt über die Laufzeit konstant (bei Zinsbindung).
Annuitätendarlehen
Zinssatz bleibt über die Laufzeit konstant (bei Zinsbindung).
Endfälligkeitsdarlehen
Zinssatz bleibt über die Laufzeit konstant (bei Zinsbindung).
Tilgungsdarlehen
Zinsbelastung sinkt über die Laufzeit.
Annuitätendarlehen
Zinsbelastung sinkt über die Laufzeit.
Endfälligkeitsdarlehen
Zinsbelastung bleibt über die Laufzeit konstant.
Tilgungsdarlehen
Vergleichsweise schnellere Tilgung der Schulden.
Annuitätendarlehen
Vergleichsweise langsamere Tilgung der Schulden (höhere Zinskosten)
Endfälligkeitsdarlehen
Tilgung am Ende der Laufzeit durch sehr hohe Einmalzahlung.
Was ist besser: Tilgungsdarlehen oder Annuitätendarlehen?
Grundsätzlich ist ein Annuitätendarlehen vorzuziehen, wenn der Kreditnehmer eine gleich bleibende Ratenhöhe und die mit der konstanten finanziellen Belastung höhere Planungssicherheit bevorzugt. Wollen Kreditnehmer dagegen so schnell wie möglich ihre Schulden tilgen, ist ein Tilgungsdarlehen bei ausreichend finanziellem Spielraum, vor allem zu Beginn der Laufzeit, oft besser geeignet.
Tilgungsdarlehen beliebt in der Wirtschaft
Tilgungsdarlehen sind vor allem bei Unternehmen eine beliebte Finanzierungsform. Sie können nämlich die finanziellen Vorteile, die sich durch Abschreibungen bei der Anschaffung von Immobilien oder Maschinen ergeben, direkt zur Tilgung des Kredits nutzen.
Für wen eignen sich Tilgungsdarlehen?
Tilgungsdarlehen stellen vor allem dann eine sinnvolle Finanzierungsform dar, wenn die Einnahmen des Kreditnehmers Schwankungen unterworfen sind, sich aktuell aber auf einem hohen Niveau befinden. So können z. Bsp. Selbständige mit gerade sehr gut laufendem Geschäft am Anfang viel tilgen und später von der sinkenden finanziellen Belastung profitieren. Auch Vermieter nutzen gerne Tilgungsdarlehen, da sie mit den Mieteinnahmen die hohen Tilgungen bedienen können. Heute wird das Tilgungsdarlehen von Banken jedoch kaum noch für Privatkunden angeboten.
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Veröffentlicht am: 20.05.2022