Zinsloses Darlehen - Geld leihen als gute Tat
Wenn Privatpersonen sich untereinander finanziell helfen wollen, spielen Bonität oder Zinserträge in der Regel keine Rolle. Trotzdem sollten sie einen schriftlichen Kreditvertrag abschließen und damit die formalen Aspekte schriftlich regeln, um Steuerfallen zu vermeiden. Wir zeigen dir in diesem Artikel, worauf du beim zinslosen Darlehen besonders achten musst.
Veröffentlicht am: 19.05.2021
Die wichtigsten Informationen:
Zinslose Darlehen werden ohne Gegenleistung meist unter nahestehenden Privatpersonen gewährt.
Neben Freunden und Familienmitgliedern sind auch Arbeitgeber und Geschäftspartner unter den Darlehensgebern.
Handelt es sich um größere Beträge, sollte ein schriftlicher Darlehensvertrag aufgesetzt werden.
Im Rahmen zinsloser Darlehen mit einer Laufzeit von über einem Jahr kann eventuell eine Schenkungssteuer fällig werden.
Was ist ein zinsloses Darlehen?
Zinslose Darlehen sind zunächst einmal genau das, wonach sie klingen: Darlehen, bei denen der Darlehensgeber generell auf eine Gegenleistung oder Entlohnung für das geliehene Geld verzichtet. In den meisten Fällen werden zinslose Darlehen im privaten Bereich vergeben, beispielsweise unter Familienmitgliedern oder Freunden. Neben Privatpersonen wie Freunden und Familienmitgliedern können aber auch Unternehmen und Geschäftspartner Darlehensgeber sein.
Mit zinslosen Darlehen können Darlehensgeber und –nehmer die Vorteile von privaten Darlehensverträgen gegenüber den üblichen Krediten von Banken nutzen:
In der Regel wollen die Darlehensgeber Gutes tun. In den meisten Fällen kennen sich die Vertragsparteien beim zinslosen Darlehen so gut, dass der Hilfsaspekt im Vordergrund steht.
Deshalb verzichten sie auf die strengen Kriterien, die bei der marktüblichen Kreditvergabe greifen.
Zinslose Darlehen werden auch unabhängig von der Bonität vergeben. Es erfolgt also keine Schufa-Abfrage und auch auf andere Bonitätskriterien wird meist verzichtet.
Aus rechtlichen bzw. steuerlichen Gründen werden zinslose Darlehen trotz der Nähe der Vertragsparteien auf Basis von schriftlichen Verträgen vergeben.
Zinslose Darlehen – wer von wem?
Meist werden zinslose Darlehen zwischen Familienmitgliedern abgeschlossen. Aber auch andere, folgende Personengruppen vergeben häufig zinslose Darlehen:
Freunde und Bekannte,
Arbeitgeber (Unternehmen),
Geschäftspartner untereinander
oder an Existenzgründer
Zinsloses Darlehen – was ist zu beachten?
Ein zinsloses Darlehen soll, vor allem unter Familienangehörigen, Gutes bewirken. Oft geht es dabei um Fälle, in denen Eltern oder Großeltern ihren erwachsenen Kindern bzw. Enkelkindern und der neu gegründeten Familie günstig zum neuen Familienauto oder dem lang ersehnten Hausbau oder Wohnungskauf verhelfen wollen. Wenn beispielsweise die kreditgebende Bank auf zusätzliches Eigenkapital zur Baufinanzierung drängt, kann ein zinsloses Darlehen durch die Familie eine entscheidende Hilfe sein. Doch auch bei einer solchen guten Tat lauern einige Fallstricke, die beachtet werden müssen:
Vor allem aufgrund eventueller Steuerfallen ist es bei größeren Darlehensbeträgen sinnvoll, vorab das Beratungsgespräch mit einem Steuerexperten zu suchen.
Die Schenkungssteuer
Bei zinslosen Darlehen müssen Kreditnehmer und Kreditgeber insbesondere die Schenkungssteuer beachten: Die Schenkungssteuer gilt nämlich grundsätzlich nicht nur für beschenkte Personen, sondern auch für jeden, der zinsfrei, also ohne Gegenleistung, ein Darlehen erhält - insbesondere wenn die Laufzeit des Darlehens länger als ein Jahr ist. Da im Rahmen eins zinslosen Darlehens keine Zinszahlungen vereinbart werden, vermuten Steuerbehörden nicht ganz zu Unrecht eine Schenkung.
Allerdings gelten bestimmte Freibeträge, die umso höher sind, je enger der Verwandtschaftsgrad zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer ist. Insbesondere wenn außerhalb der Verwandtschaft (z. Bsp. unter Freunden) Darlehen vergeben werden, werden die gewährten Freibeträge oder die Laufzeit von einem Jahr schnell überschritten. Der Steuerfreibetrag liegt bei einmalig 20.000 € innerhalb von zehn Jahren, wenn zwischen den Vertragsparteien kein Verwandtschaftsgrad besteht. Allerdings kann ein zinsloses Darlehen auch bei einer Besteuerung aufgrund Überschreitung der Steuerfreigrenze gegenüber einem gewöhnlich verzinsten Kredit vorteilhaft sein.
Auch ein Darlehenszins schützt allerdings nicht immer vor einer Versteuerung: Wenn der Zins zu niedrig angesetzt wird, werden die Steuerbehörden in jedem Fall den vereinbarten Zinssatz mit den aktuellen, banküblichen Zinssätzen bei vergleichbaren Darlehen vergleichen. Stellt das Finanzamt eine erhebliche Abweichung fest, wird es zumindest von einer teilweisen Schenkung ausgehen und entsprechend der Differenz die fälligen Steuern berechnen.
Beispiel: Ein Bruder vereinbart mit seiner Schwester ein zinsloses Darlehen für 10 Jahre über 200.000 Euro. Wenn wir von einem marktüblichen Zinssatz von 5,5 % ausgehen, ergibt sich daraus ein jährlicher Zinsvorteil von 11.000 Euro. Nach Abzinsung des Zinsvorteils ergibt sich für die gesamte Laufzeit des Darlehens ein Zinsvorteil von 85.195 Euro. Da der Freibetrag bei Schenkungen zwischen Bruder und Schwester (Steuerklasse II) aber nur 20.000 Euro innerhalb von 10 Jahren beträgt, stellt das Finanzamt einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 65.100 Euro seitens der Schwester dar. Ausgehend von einer Schenkungssteuer von 15 % (Steuerklasse II) schuldet die Schwester dem Finanzamt Steuern in Höhe von 9.765,00 Euro
Freibeträge bei der Schenkungssteuer
Um die Schenkungssteuer zu vermeiden, sollten bei der Vergabe von zinslosen Darlehen stets die geltenden Freibeträge beachtet werden. Hier eine Übersicht der Freibeträge abhängig vom Verwandtschaftsgrad:
Hinweis: Das Finanzamt gewährt den vollen Freibetrag nur einmal alle zehn Jahre.
Verwandtschaftsgrad
Freibetrag
Verwandtschaftsgrad
Ehegatten & Lebenspartner
Freibetrag
500.000 €
Verwandtschaftsgrad
Kinder und Enkel, bei denen die Eltern verstorben sind (gilt auch für Adoptiv- und Stiefkinder)
Freibetrag
400.000 €
Verwandtschaftsgrad
Enkel
Freibetrag
200.000 €
Verwandtschaftsgrad
Eltern und Großeltern: Erbschaft
Freibetrag
100.000 €
Verwandtschaftsgrad
Eltern- und Großeltern: Schenkung
Freibetrag
20.000 €
Verwandtschaftsgrad
Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und -eltern, Stiefeltern
Freibetrag
20.000 €
Verwandtschaftsgrad
Nicht verwandt
Freibetrag
20.000 €
Zinsloses Darlehen – nicht ohne Darlehensvertrag
Du hast es bestimmt schon einmal gehört: Geld und Freunde bzw. Familie vertragen sich nicht (hier findest du noch mehr Mythen über Geld). Deshalb gilt, bei kleinen Beträgen kann man auf Vertrauensbasis agieren, sollte es jedoch um größere Geldbeträge gehen, müssen klare Regeln geschaffen werden. Dies geschieht am besten in Form eines schriftlichen Darlehensvertrags. Der private Darlehensvertrag ist nicht grundsätzlich an eine bestimmte Form gebunden und kann sowohl mündlich als auch schriftlich geschlossen werden. Ersteres ist allerdings eher nicht zu empfehlen.
Im Vertrag sollten Konditionen festgelegt sowie Rechte und Pflichten beider Seiten eindeutig geregelt werden. Auf diese Weise lässt sich möglichen Missverständnissen und etwa zur genauen Darlehenssumme oder zu den Tilgungskonditionen vorbeugen. Ein Privatdarlehensvertrag sollte unter anderem diese Punkte enthalten:
Vertragsparteien: Name, Anschrift sowie Kontodaten von Darlehensnehmer und Darlehensgeber
Eckdaten des Darlehens: Höhe der Darlehenssumme, Tilgungsmodalitäten
Zinssatz: Unbedingt erwähnen, dass das Darlehen zinslos gewährt wird
Zweck und Verwendung: Für den Fall einer Zweckbindung
Sicherheiten: Werden Sachgegenstände oder Werte als Sicherheit angegeben?
Kündigungsmöglichkeiten: Regulär sowie außerordentlich, auch mit Blick auf eventuellen Zahlungsausfall und verbleibende Restschuld
Schlussregelungen: Salvatorische Klausel, Hinweis auf ungültige mündliche Nebenabreden
Unterschriften: Beide Vertragsparteien mit Ort und Datum
Es steht jeder Seite frei, auch über die genannten Punkte hinaus weitere und individuelle Regelungen mit in den Darlehensvertrag aufzunehmen.
Hinweis: Sollte ein schriftlicher Vertrag Bedenken auslösen, was zur Störung der freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Beziehung führen würde, sollte ein anderer Weg eingeschlagen werden. Grundsätzlich empfehlen wir, dann von einem Darlehen abzusehen. Sollte das Darlehen trotzdem gewährt werden, empfehlen wir, den zinslosen Darlehensbetrag zumindest nicht bar, sondern per Überweisung auszuzahlen. Durch die Kennzeichnung des Verwendungszwecks mit „Darlehen“, lässt sich somit im Streitfall zumindest besser nachweisen, dass es sich dabei nicht um eine Schenkung handelt und der Darlehensnehmer zur Rückzahlung des Betrags verpflichtet ist.
Weitere gesetzliche Regelungen
Bei einem vertraglich vereinbarten zinslosen Darlehen ist der Darlehensnehmer nicht verpflichtet das Geld abzurufen oder entgegenzunehmen. Wenn er das Darlehen abruft, hat der Darlehensnehmer jederzeit das Recht, auch ohne Kündigung das Darlehen zurückzahlen.
Ratenkredit als Alternative zum zinslosen Darlehen
Falls du dringend Geld brauchst, kannst du auch in Betracht ziehen, einen Ratenkredit von einer Kreditgenossenschaft oder Bank aufzunehmen. Wenn du bereits eine Beziehung zu einem Finanzinstitut hast, kann dieses dir unter Umständen Rabatte auf die Bearbeitungsgebühren oder Zinssätze anbieten. Aber nicht alle Finanzinstitute bieten Privatkredite an, und einige tun dies nur für Personen mit guter Bonität.
Im Zusammenhang mit Krediten musst du immer bedenken, dass Zinsen, anfallende Gebühren und andere Konditionen die Gesamtkosten für dich als Kreditnehmer erheblich beeinträchtigen können. Daher solltest du unbedingt verschiedene Angebote miteinander vergleichen, bevor du einen Vertrag unterzeichnest.
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