Freistellungserklärung

Wer vorhat, eine Eigentumswohnung zu kaufen oder eine Wohnanlage bauen möchte, kommt in der Regel nicht um die sogenannte Freistellungserklärung herum. Was genau ist die Freistellungserklärung und welche Rolle spielt sie bei der Realisierung von Bauvorhaben?

Veröffentlicht am: 06.04.2021

Freistellungserklärung

 Was ist die Freistellungserklärung?

Eine Freistellungserklärung wird von der Bank eines Bauträgers ausgestellt, wenn dieser z. Bsp. vor Fertigstellung eine Wohnung aus einem größeren Bauprojekt verkauft. Die kreditgebende Bank verpflichtet sich in dieser Erklärung dazu, auf Ihre Sicherheit zu verzichten und die Wohnung aus der sogenannten Globalgrundschuld zu entlassen, sobald der volle Kaufpreis bezahlt wurde.

 Rolle der Freistellungserklärung

Wurde vor der Fertigstellung eines größeren Bauvorhabens ein Käufer für eine einzelne Wohnung gefunden, muss dieser bereits vor dem Bauende Zahlungen leisten. Auf diese Weise kann der Bauträger Kosten für Material und Personal tragen. In der Regel muss aber trotzdem ein Bankdarlehen aufgenommen werden, welches durch die sogenannte Globalgrundschuld abgesichert wird. Diese globale Grundschuld beinhaltet, dass alle Wohnungen des Baus in Form einer Grundschuld an die kreditgebende Bank verpfändet werden und dient ihr als Sicherheit.

„Global“ heißt in diesem Zusammenhang, dass die Grundschuld sämtliche Eigentumswohnungen einschließt, auch wenn diese unterschiedlichen Eigentümer haben. Auf diese Weise kann die kreditgebende Bank im Insolvenzfall alle Wohnungen verpfänden. Aber auch die Kreditgeber der Wohnungskäufer müssen ihre vergebenen Darlehen mit einer Grundschuld absichern. Da dies jedoch zu einem Interessenkonflikt zwischen der Bank des Bauträgers und der Bank des Käufers führen würde, kommt nun die Freistellungserklärung zum Tragen. Sie verhindert, dass Eigentumswohnungen doppelt besichert sind, bzw. dass die Bank des Käufers im Insolvenzfall nur zweitrangiger Gläubiger wäre.

Der Bauträger darf nach Vorgaben der Makler- und Bauträgerverordnung erst dann Zahlungen für Eigentumswohnungen annehmen, wenn seine Bank eine Freistellungserklärung für die entsprechende Wohnung gestellt hat. Da der Bauträger für die Fertigstellung seines Bauvorhabens Vermögenswerte des Käufers nutzt, unterliegt er besonderen Sicherungspflichten. Dazu gehört unter anderem die Freistellung des Vertragsobjektes von allen Grundpfandrechten.

Voraussetzung für die Entlassung der Wohnung aus der Globalgrundschuld ist, dass der Käufer den vollen Kaufpreis an den Bauträger gezahlt hat. Dadurch besteht für die Bank des Bauträgers kein Kreditrisiko mehr in Bezug auf diese Eigentumswohnung. Damit ist der Käufer neuer Eigentümer der Wohnung.

 Schutz für den Käufer

Erwirbt ein Käufer bereits während der Bauphase eine Eigentumswohnung, muss er vor der Fertigstellung des Baus Teilzahlungen leisten. Zum Schutz des Käufers darf der Bauträger diese Zahlungen jedoch nur entgegennehmen, wenn dessen Bank nach § 3 Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) durch Ausstellung einer Freistellungserklärung garantiert, dass die Wohnung nach Bezahlung des vollen Kaufpreises aus der Globalschuld entlassen wird.

Für den Käufer einer Wohnung bedeutet die Freistellungserklärung einerseits, dass er vollständig von der Globalbelastung freigestellt wird. Andererseits sagt die Bank damit auch zu, im Falle einer Nichtfertigstellung des Bauvorhabens dem Grundpfandrecht der Bank des Wohnungskäufers Vorrang einzuräumen. Auf diese Weise wird der Käufer bzw. seine Bank für den Fall geschützt, falls das Objekt gar nicht oder nicht rechtzeitig fertiggestellt wird.

Daher ist es auch üblich, dass die Bank des Käufers eine Freistellungserklärung fordert, bevor eine Auszahlung aus dem Darlehen vorgenommen wird. Aus diesem Grund ist es für den Käufer besonders wichtig, auf eine Ausstellung der Freistellungserklärung zu bestehen.

Da Wohnungskäufern der Kredit für den Kauf erst ausgezahlt wird, wenn das Objekt aus der Globalgrundschuld gelöscht ist, sind Käufer häufig auf eine Zwischenfinanzierung angewiesen. Damit kann der kurzfristige Finanzbedarf bei einer Immobilienfinanzierung gedeckt und bereits die Raten an den Bauträger gezahlt werden, noch bevor das endgültige Darlehen bewilligt wurde. Abhängig davon, wie lange es bis zur Ausstellung der Freistellungserklärung dauert, kann es also sinnvoll sein, den gesamten Kaufpreis der Immobilie zunächst über eine Bauzwischenfinanzierung zu finanzieren.

Dabei sollte allerdings beachtet werden, dass Zwischenfinanzierungen erhöhte Risiken und zusätzliche Arbeit für die Banken darstellen. Dies lassen sie sich in der Regel mit höheren Zinssätzen und hohen Gebühren bezahlen.

 Das Bauobjekt wird nicht fertig

Trotz Freistellungserklärung können unterschiedliche Gründe dazu führen, dass die Immobilie nicht fertiggestellt wird. In einem solchen Fall kann die Bank des Käufers sich um die Immobilie kümmern, da sie nach der Freistellungserklärung die Globalgrundschuld besitzt. Sie kann die Immobilie entweder freigeben, wenn der Käufer den Kaufpreis anhand des aktuellen Baustandes bezahlt hat, womit die Finanzierung beendet ist, oder dem Käufer die gezahlten Beiträge zurückerstatten.

In diesem Zusammenhang spielt häufig auch die Art des Objektes eine wichtige Rolle für die Entscheidung der Bank:

Einfamilienhaus/Reihenhaus Bei einem Einfamilien- oder Reihenhaus gestaltet sich die Freigabe in der Regel eher unproblematisch, da der Käufer anschließend selbst entscheiden kann, ob er das Objekt fertigstellen möchte. Da solche Einheiten einzelne Objekte sind, ist die Freigabe hier meist die erste Handlungsalternative für die Bank.

Geschosswohnungsbau Sehr viel schwieriger gestaltet sich hingegen die Freigabe von Geschosswohnungsbauten. Nicht verkaufte Einheiten haben für die Bank keinen Wert, wenn das Objekt als Ganzes nicht fertiggestellt wurde. Ist die Nichtfertigstellung des Bauprojekts mit Baumängeln verbunden, können Käufer zudem Kaufpreisminderungsansprüche gegenüber der Bank geltend machen. In solchen Fällen kann es zu Gerichtsverfahren kommen, wenn keine einvernehmliche Regelung erreicht wird.

In der Regel verlangt die Bank den Kaufpreis, der dem aktuellen Baustand der Immobilie entspricht. Mit Bezahlung ist der Käufer Besitzer der Immobilie und kann einen neuen Käufer für die nicht fertig gestellte Immobilie suchen. Hält die Bank die geleisteten Zahlungen zurück, muss der Käufer selbst für zusätzliche Zahlungen wie Überzahlungen und Notarkosten aufkommen.

Als zusätzliche Sicherheit bieten sich sogenannte Vertragserfüllungsbürgschaften an, die beim Bauträger gemacht werden. Da die Kosten für die Bürgschaft vom Käufer übernommen werden müssen, können sich dadurch die Kosten für die Finanzierung erhöhen.

 

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