Coronavirus: Bestehende Kredite stunden oder Tilgung aussetzen
Update: 30.06.2020 | Das Coronavirus zwingt die Wirtschaft in die Knie. Menschen, die jetzt mit Verdienstausfällen konfrontiert sind und Angst davor haben, ihre Kredite nicht mehr bedienen zu können, sollten schnell handeln. Viele Banken ermöglichen jetzt eine einfache Tilgungsaussetzung.
Das Coronavirus hat Deutschland fest im Griff. Schon jetzt sind die Auswirkungen deutlich zu spüren. Immer mehr Menschen sehen sich mit Verdienstausfällen konfrontiert und machen sich Sorgen, wie sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen sollen.
Zum Ende des Jahres 2019 belief sich die Summe der an Privatpersonen vergebenen Kredite in Deutschland auf rund 1.288,4 Milliarden Euro. 2017 lag der Wer noch bei 1.192,3 Milliarden Euro. In 2017 gaben die privaten Haushalte in Deutschland im Schnitt etwa 296 Euro pro Monat für die Tilgung und Verzinsung ihrer laufenden Kreditverträge aus. Nicht wenig Geld und für viele Menschen eine nicht unwesentliche monatliche Verbindlichkeit.
Was passiert in diesen Zeiten nun mit solchen Kreditschulden? Wie gehen Banken mit den Anfragen der Kunden um? Wir erklären in diesem Artikel, welche Möglichkeiten jetzt zur Tilgungsaussetzung bestehen, welche Möglichkeiten Banken den Kreditnehmern bieten und wie die Politik mit dem Thema umgeht.
Auswirkungen der Corona-Krise auf die Bonität
Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht”, welches zum 01. April 2020 in Kraft getreten ist, sieht eine gesetzliche Stundung von Verbraucherkrediten vor. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung haben bereits Tausende Verbraucher einen solchen Zahlungsaufschub bei ihrer Bank oder Sparkasse beantragt.
Doch was bedeutet ein solcher Aufschub für die eigene Bonität? Die gute Nachricht: Kreditnehmer, die ihren Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Corona-Krise nicht nachkommen können, droht in den meisten Fällen KEIN Eintrag in die Bonitätsakte wegen der betroffenen Forderungen. Die Bestimmungen der Bundesregierung sehen Regelungen zum Zahlungsaufschub oder zur Stundung vor, weswegen die betreffenden Forderungen nicht fällig und somit bei den Auskunfteien nicht eintragungsfähig sind.
Generell gilt: Bevor es zu einem Negativeintrag in der Bonitätsakte kommt, müssen bestimmte Meldevoraussetzungen erfüllt sein. So müssen bspw. mindestens zwei schriftliche Mahnungen beim Schuldner eingegangen sein, denen nicht widersprochen wurde. In den beiden Mahnbescheiden, die mit einem Abstand von vier Wochen erfolgen müssen, muss zudem ein negativer Eintrag in die Bonitätsakte angekündigt werden. Weitere Informationen zu dem Thema findest du in unserem Artikel „Wann bekommt man einen Schufa-Eintrag?”.
Tilgungsaussetzung vs. Kreditstundung
Wer gerade jetzt einen Blick in seine Vertragsunterlagen zum Kredit wirft, wird in der Regel feststellen, dass Banken eine Tilgungsaussetzung generell unter bestimmten Voraussetzungen zulassen.
Bei einer Tilgungsaussetzung wird die Rückzahlung der reinen Darlehenssumme pausiert. Die Zinsen werden für den betreffenden Zeitraum allerdings nicht eingefroren. Das bedeutet, dass die Bank die Zinsen weiterhin berechnet und zum Teil weiter einzieht. Kurz gesagt, wird bei der Tilgungsaussetzung nur die Bezahlung des reinen Kredits ausgesetzt, aber nicht die Zahlung der Zinsen.
Während bei der Tilgungsaussetzung die Zinsen weiter bezahlt werden müssen, wird bei einer Stundung des Kredits die Fälligkeit der Geldforderung auf einen späteren Zeitpunkt verlegt. Das bedeutet, dass bei einer Stundung die Zahlung des Kredits inkl. Zinsen für eine bestimmte Dauer ausgesetzt wird.
Wer nicht auf eine Stundung oder eine Tilgungsaussetzung zurückgreifen will, kann auch über eine Umschuldung nachdenken. Eine Kreditumschuldung bietet sich dann an, wenn die bisherige Kreditrate zu hoch ist oder gleichzeitig mehrerer Kredite bedient werden müssen. Ziel der Umschuldung ist das Senken der finanziellen Belastung des Kreditnehmers. Bereits ein geringfügig günstigerer Zinssatz kann dabei helfen, Geld zu sparen.
Tilgungsaussetzung und Stundung während der Corona-Krise
Normalerweise sind im Kreditvertrag alle relevanten Informationen zur Tilgungsaussetzung oder Stundung festgehalten. Üblicherweise berechnen die Banken für diesen Service extra Kosten.
Viele Banken verlängern bei einer Aussetzung der Tilgung die Laufzeit des Kredites. Das führt allerdings dazu, dass der Kreditnehmer den Kredit länger bedienen muss, wodurch auch mehr Zinsen anfallen. Der Kreditnehmer zahlt in dieser Situation also doppelt, nämlich zum einen die Zinsen während der Tilgungsaussetzung und zum anderen die Zinsen bei der Laufzeitverlängerung. Außerdem können auch Bearbeitungsgebühren anfallen. Eine Kreditstundung bringt in der Regel zusätzliche Gebühren mit sich.
In der aktuellen Krise stellt sich nun natürlich die Frage, wie die Banken mit diesen Themen umgehen. Schließlich ist der Verdienstverlust durch die aktuelle Lage nicht selbst verschuldet. Grundsätzlich empfiehlt sich für jeden Kreditnehmer, das Gespräch mit der Bank zu suchen. Pauschale Lösungen können zwar funktionieren, sind aber nicht immer die besten. Entsprechend sollte jeder Fall individuell besprochen werden, da die Risikoeinschätzung bei Kredit- und Stundungsanfragen jeder Bank selbst obliegt.
So reagieren die Politik und die Banken
Nachfolgend geben wir euch einen Überblick, wie die einzelnen Banken und Sparkassen mit der aktuellen Situation umgehen und welche Lösungen sie ihren Kunden anbieten.
Die Deutsche Kreditwirtschaft, also die Interessenvertretung der fünf kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände (das sind der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Reifeisenbanken, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der Bankenverband, die öffentlichen Banken (VÖB) und die deutschen Pfandbriefbanken (vdp)), hat in einer Meldung vom 26. März 2020 erklärt, Verbraucher, die durch die Pandemie unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind, unterstützen zu wollen.
Damit nimmt die Deutsche Kreditwirtschaft Bezug auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages vom 25. März 2020. Dieser Beschluss zur gesetzlichen Stundung (Moratorium) sieht vor, dass bei vor dem 15. März 2020 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen Zins- und Tilgungsleistungen für den Zeitraum 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 ausgesetzt werden können. Dies gilt, wenn der Verbraucher aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat und ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrats am nächsten Freitag und soll am 1. April 2020 in Kraft treten.
Ein umfangreiches FAQ zur Stundung von Verbraucherkrediten wegen der Corona-Krise findest du hier.
Sparkassen
Die Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband haben in einer Pressemeldung vom 25. März 2020 angekündigt, ab dem 26. März Aussetzungen von Zins- und Tilgungsleistungen bei Verbraucherkrediten zu ermöglichen.
Damit betroffene Sparkassen-Kunden in Zeiten des Abstandsgebots dazu nicht in die Sparkassenfilialen kommen müssen, soll es ab dem 26. März 2020 möglich sein, entsprechende Anträge online einzureichen. Die Sparkassen sind zuversichtlich, die Zins- und Tilgungsaussetzungen schnell und unbürokratisch umsetzen zu können. Neben dem Online-Angebot steht Kreditnehmern der Sparkasse auch eine telefonische Beratung durch die Kundenberater der Sparkassen zur Verfügung.
Deutsche Bank
Von der Deutschen Bank gibt es bisher keine gesonderten Informationen zum Umgang mit Zins- und Tilgungsaussetzungen. Bisher (Stand 26.03.2020) finden Kunden im FAQ-Bereich zu diesem Thema nur den allgemeinen Hinweis, dass eine Ratenreduzierung bzw. Ratenaussetzung während der Laufzeit dreimal für maximal drei Monate möglich sei und man sich direkt an seinen Berater wenden soll.
Commerzbank
Auch die Commerzbank will ihren Ratenkredit-Kunden schnell und unbürokratisch helfen. Dafür bietet sie Haushalten, die von Kurzarbeit und/oder Gehaltsausfällen betroffen sind, eine bis zu 3-monatige Ratenpause an. Kunden sollen sich an ihren Berater wenden, wenn sie die Ratenpause wahrnehmen möchten.
Die Ratenpause geht jedoch mit einigen Rahmenbedingungen einher. Zum einen muss man als Arbeitnehmer infolge des Coronavirus von Kurzarbeit und/oder Gehaltsausfällen betroffen sein. Zum anderen ändert die Ratenpause nicht die Laufzeit des Ratenkredits. Nach Ablauf der Ratenpause wird daher die monatliche Rate entsprechend erhöht. Die Commerzbank räumt jedoch die Möglichkeit einer Kreditlaufzeit-Verlängerung ein, wenn ein entsprechender Antrag dazu vorliegt und positiv geprüft wird. Allerdings soll die Gesamtkreditlaufzeit von 119 Monaten nicht überschritten werden.
Postbank
Wie bei der Deutschen Bank lassen sich bisher (Stand 26.03.2020) auch bei der Postbank keine gesonderten Informationen zum Umgang mit Zins- und Tilgungsaussetzungen im Rahmen der Corona-Krise finden. Dafür heißt es im FAQ-Bereich, dass in dem Fall, dass die Rate nicht mehr bezahlt werden kann, Kreditnehmer sich schnellstmöglich mit der Bank in Verbindung setzen sollen.
ING
Auch bei der ING lassen sich keine speziellen Informationen zum Umgang mit Zins- und Tilgungsaussetzungen im Rahmen der Corona-Krise finden. Zum generellen Umgang mit Zahlungsproblemen finden ING-Kunden Informationen im Kundenservice unter „Kontoführung" und dem Unterpunkt „Wenn mal nicht alles nach Plan läuft".
Santander
Während die Santander Consumer Bank ihre Handelspartner bei der Händler-Einkaufsfinanzierung seit dem 17. März 2020 mit einer pauschalen Tilgungsaussetzung von 90 Tagen unterstützt, gibt es für private Kreditnehmer noch keine gesonderte Regelung. Allerdings können private Kreditnehmer bei der Santander online eine Stundung oder Ratenreduzierung beantragen.
Bisherige gesetzliche Regelung bei Kreditkündigung durch die Bank
Die bisher geltenden gesetzlichen Regelungen (§ 498 BGB) sehen vor, dass Banken bei Kleinkrediten schon nach zwei nicht gezahlten Raten (2-Monats-Regel) Kreditverträge kündigen dürfen. Wird der Kreditvertrag von der Bank gekündigt, bedeutet das, dass das geliehene Geld dann auf einen Schlag zurückgezahlt werden muss.
Es gibt jedoch Ausnahmen von der 2-Monats-Regel, bei denen die Kreditlaufzeit sowie Kreditvolumen eine Rolle spielen:
Leiht sich eine Privatperson für bis zu drei Jahre Geld, darf die Bank den Kredit erst dann kündigen, wenn der Schuldner mit zehn Prozent des Gesamtkreditvolumens in Verzug geraten ist.
Beläuft sich die Kreditlaufzeit auf mehr als drei Jahre (36 Monate) darf die Bank den Kredit bereits kündigen, wenn Schuldner mit fünf Prozent des Gesamtkreditvolumens in Verzug geraten ist. Ein Beispiel: Wenn sich jemand 20.000 Euro für fünf Jahre von der Bank geliehen hat, darf die Bank den Kreditvertrag auflösen, wenn der Kreditnehmer mit mehr als 1.000 Euro in Verzug geraten ist. Das können dann auch mehr als zwei Raten sein.
Nach der Feststellung des Rückzahlungsverzugs setzen Banken den Kreditnehmern eine zweiwöchige Frist. In dieser Frist sind die Banken dazu angehalten, dem Kreditnehmer ein klärendes, lösungsorientiertes Gespräch anzubieten.
Wird der Kredit von der Bank gekündigt, hat das für den Kreditnehmer schwerwiegende wirtschaftliche Folgen. Denn neben der Tatsache, dass der Kreditnehmer den noch nicht getilgten Restbetrag sofort zurückzahlen muss, können auch noch Verzugszinsen und gegebenenfalls Bearbeitungsgebühren bzw. Mahn- oder Gerichtskosten anfallen.
Wirtschaftlich häufig noch unangenehmer sind aber die langfristigen Folgen der Darlehenskündigung. Denn eine Kreditkündigung durch die Bank führt immer zu einem Negativeintrag in der Bonitätsakte. Damit werden zukünftige Kredite, aber auch andere Verträge des alltäglichen Lebens, für lange Zeit erschwert oder gar unmöglich gemacht.
Weitere Informationen zur Kreditkündigung findest du in unserem Artikel „Kreditkündigung: Grundlagen und Folgen”.
Update - 30.06.2020
Bis zum Ende war die Hoffnung bei vielen Kreditnehmern groß, dass die Bundesregierung die gesetzliche Stundung für Verbraucherkredite verlängert. Nun ist klar: Eine Verlängerung wird es nicht geben.
Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht” sah seit dem 01. April 2020 eine gesetzliche Stundung von Verbraucherkrediten vor, die vor dem 15. März 2020 geschlossen wurden. Verbraucher hatten also das Recht, die Zins- und Tilgungszahlungen für drei Monate zu pausieren. Sie mussten zudem auch nicht mit Verzugszinsen rechnen. Die Bundesregierung hatte sich in dem Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, den Zeitraum der Stundung bis zum 30. September 2020 zu verlängern.
Was bedeutet das jetzt genau für Verbraucher?
Zum einen bedeutet das, dass die Ratenzahlungen wieder aufgenommen werden müssen. Wer also Daueraufträge pausiert oder Einzugsermächtigungen ausgesetzt hat, muss diese nun wieder aktivieren, da es sonst im schlimmsten Fall zu einer Kreditkündigung vonseiten der Bank kommen kann.
Zum anderen wird der bestehende Darlehensvertrag um den Zeitraum der Stundung verlängert, sofern du dich mit der Bank nicht auf eine andere Lösung verständigt hast. Das gesamte Vertragsverhältnis - einschließlich der Fälligkeit der jeweiligen Zins- und Tilgungsleistungen - verschiebt sich entsprechend. Das bedeutet bspw., dass auch die Fälligkeit der Forderungen, die erst nach Ablauf des Stundungszeitraums fällig werden, um drei Monate verschoben wird. Z.B. wird die eigentlich am 1. Juli fällige Rate erst zum 1. Oktober 2020 fällig etc.
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