Coronakrise: Drohen jetzt Negativeinträge bei Schufa und Co.?

Laut Gesetz dürfen während der Coronakrise Kredit gestundet und Zahlungen für Strom und Gas aufgeschoben werden. Doch wie wirkt sich eine solche Kreditstundung und Zahlungsaufschub auf die Bonität aus? Drohen jetzt tausenden Verbrauchern Negativmerkmale?

Julia Ptock
Besorgte Frau mit Brief neben Fenster

Die Bundesregierung hat im Rahmen der Coronakrise das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie” beschlossen. Ziel des Gesetzes ist die zumindest kurzfristige finanzielle Entlastung von Verbrauchern. Um das Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz einen 

erweiterten Kündigungsschutz für Mieter

einen Zahlungsaufschub für existenzsichernde Verträge der Grundversorgung (Strom, Gas, Internet etc.) sowie 

eine gesetzliche Stundung bei Verbraucherkrediten vor. 

Die Erleichterungen helfen dabei, die wirtschaftliche Existenz der Menschen während der Coronakrise zu sichern. Doch wie wirken sich Kreditstundung und Zahlungsaufschub auf die Kreditwürdigkeit der Verbraucher aus? Müssen Privatpersonen, die von den Regelungen Gebrauch machen, mit Einträgen in ihre Bonitätsakte rechnen? 

Wir erklären in diesem Artikel, wie sich die Coronakrise auf die Bonität auswirkt und warum der erweiterte Kündigungsschutz für Mieter zu einem Problem werden könnte. 

Übrigens: Wer von seinem Arbeitgeber in Kurzarbeit geschickt wurde, muss sich keine Sorgen um seinen Bonitätsscore machen. Weder Einkommen noch der Beruf oder die Dauer des Anstellungsverhältnisses werden von den Auskunfteien erfasst. Entsprechend hat die Kurzarbeit keinen Einfluss auf die Bonität.

 Grundlagen: Bedingungen für einen Negativeintrag in die Bonitätsakte

Bevor ein Negativeintrag in die Bonitätsakte bei den Auskunfteien erfolgen darf, müssen nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG-neu folgende Kriterien erfüllt sein:

Es müssen mindestens zwei schriftliche Mahnungen beim Schuldner nach Fälligkeit der Forderung eingegangen sein, denen vom Schuldner nicht widersprochen wurde.

Die erste Mahnung muss mindestens vier Wochen zurückliegen.

In einem der beiden Mahnbescheide muss ein negativer Eintrag bei einer Auskunftei angekündigt werden.

Die Forderung wurde bis zuletzt nicht vom Schuldner beglichen.

Wichtig: Für einen Eintrag bei der Auskunftei müssen alle Kriterien erfüllt sein. Ist eines nicht erfüllt, ist kein rechtmäßiger Eintrag möglich. Bereits ein einfacher gültiger Widerspruch gegen eine Mahnung oder einen Mahnbescheid reicht aus, um die Meldung zunächst zu verhindern. Dies gilt für Forderungen vom Gläubiger selbst als auch von eingeschaltete Inkasso-Unternehmen.

Unbezahlte Rechnungen gehören zu den häufigsten Ursachen für Negativeinträge. Aber auch folgende Gründe können zu einem solchen Eintrag führen: 

Die Bank hat einen Kredit gekündigt, weil die Raten nicht bezahlt wurden.

Es wird ein Inkassoverfahren eingeleitet.

Du wirst in ein öffentliches Schuldnerregister eingetragen.

Du musst Privatinsolvenz anmelden.

Zusammengefasst: Verbraucher riskieren immer dann einen negativen Schufa-Eintrag, wenn sie sich nicht an Verträgen halten und gegen getroffene Vereinbarungen verstoßen. Über den drohenden Eintrag müssen die Verbraucher jedoch informiert werden.

 Auswirkungen der Stundung von Verbraucherkrediten auf die Bonität

Auskunfteien wie die Schufa oder die Creditreform Boniversum, bonifys Partnerauskunftei, speichern neben den Angaben zur Person unter anderem auch Daten über Zahlungsverhalten, Bankkonten, Kreditkarten und Kredite. Zusätzlich werden Informationen gespeichert, die mit diesen Daten zusammenhängen, etwa die Laufzeit der Kredite, Zahlungsstörungen oder Kündigung.

Bei Kreditnehmern, die nun aufgrund der Coronakrise ihre Kreditraten nicht mehr bezahlen können, liegt streng genommen eine Zahlungsstörung vor. Eine solche Störung wird in der Regel von der Bank nach mindestens zwei nicht widersprochenen Mahnungen an die Auskunfteien gemeldet.   

Aber: Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie” sieht Regelungen zur Stundung vor, weswegen Corona-bedingte „Zahlungsstörungen” - und damit die betreffenden Forderungen - nicht fällig und somit bei den Auskunfteien nicht eintragungsfähig sind. Das bedeutet, dass Kreditnehmern, die ihren Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Coronakrise nicht nachkommen können, in der Regel KEIN Eintrag in die Bonitätsakte wegen der betroffenen Forderungen droht.

Wichtig ist aber, dass Verbraucher, die im Rahmen des neuen Gesetzes ihre Kredite stunden wollen, vor der Einstellung der Ratenzahlung mit der Bank das Gespräch suchen. Um einen Bonitätseintrag aufgrund der Zahlungsstörung zu vermeiden, sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Stundung des Kredites auf erhebliche Einkommenseinbußen aufgrund der Coronakrise zurückzuführen ist.

Du willst auf Nummer sicher gehen und prüfen, ob die Bank die Zahlungsstörung nicht doch eingemeldet? Kein Problem! bonify informiert dich über Änderungen und Neueintragungen in deiner Bonitätsakte. So bleibst du immer auf dem Laufenden!

Beachtet werden muss zudem die zeitliche Befristung der Regelung. Die Ansprüche sind zunächst für drei Monate gestundet, d. h. um diesen Zeitraum verschiebt sich die Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs. Ein Zins- oder Tilgungsanspruch, der zum 1. April 2020 fällig geworden wäre, wird demnach erst zum 1. Juli 2020 fällig. 

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Stundung von Krediten haben wir in diesem FAQ für euch zusammengefasst. 

 Auswirkungen der Stundung existenzsichernden Verträgen der Grundversorgung auf die Bonität

Die Regeln zu der Stundung von Tarifverträgen bei Strom, Gas, Telekommunikation (Internet- und Handy-Verträge) ist vergleichbar mit den Vorgaben zur Stundung bei Krediten. 

Das Gesetz sieht ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht und damit faktisch einen Zahlungsaufschub für existenzsichernde Verträge der Grundversorgung vor. Das Leistungsverweigerungsrecht hat zur Folge, dass man trotz Nichtzahlung nicht in Verzug kommt, es also keine fällig gewordenen Forderungen gibt. 

Entsprechend gilt, dass Verbraucher und Verbraucherinnen in der Regel KEINEN Eintrag in ihre Bonitätsakte fürchten müssen, wenn sie von ihrem gesetzlich zugesicherten Recht Gebrauch machen. 

Aber: Die verweigerten Zahlungen werden nicht einfach erlassen. Betroffene Verbraucher und Verbraucherinnen sollten – noch vor Einstellung der Zahlungen – Kontakt zum jeweiligen Vertragspartner aufnehmen und eine Einigung finden, die regelt, wie die gestundeten Beiträge geleistet werden können. Wie die Rückzahlung erfolgt, wird dann individuell geregelt.  

Beachtet werden muss zudem die zeitliche Befristung der Regelung. Das Leistungsverweigerungsrecht ist  zunächst bis zum 30. Juni 2020 befristet. Es besteht allerdings die Möglichkeit einer Verlängerung.

 Auswirkungen von nicht bezahlter Miete auf die Bonität

Das “Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie” sieht kein Minderungs-, Stundungs- oder Leistungsverweigerungsrecht bei Mietzahlungen vor. Das bedeutet, dass die Miete für diesen Zeitraum trotzdem bezahlt werden muss. Die gesetzliche Kündigungsbeschränkung verhindert lediglich, dass der Mieter aufgrund von Mietrückständen für die Zeit von April bis Juni 2020 gekündigt werden kann. 

Es droht also auch bei diesem Sachverhalt KEIN Eintrag in die Bonitätsakte. 

Aber: § 31 Abs. 2 Nr. 5 BDSG -neu sieht vor, dass das zugrunde liegende Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann. Durch den erweiterten Kündigungsschutz fällt dieser Grund aktuell weg, jedoch nur bis zum 30. Juni 2020. Ab Juni 2020 liegt die Kündigungsvoraussetzung wieder vor. Wer bis dahin keine konkrete Vereinbarung mit dem Vermieter getroffen hat, läuft also Gefahr, dass ein negativer Eintrag vorgenommen wird.

Der Fachanwalt Dr. Sven Tintemann gibt zudem zu bedenken, dass Vermieter auf die Idee kommen könnten, “den Mietrückstand in einem Mahn- und anschließenden Vollstreckungsbescheid geltend zu machen.” Problematisch ist bei einem solchen Verfahren, dass die Forderung nicht darauf geprüft wird, ob sie berechtigt geltend gemacht wird. Eine Prüfung wird erst dann vorgenommen, wenn gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt wird. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, ergeht ein Vollstreckungsbescheid. Bei einem solchen Vollstreckungsbescheid handelt es sich um eine sog. gerichtliche Titulierung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG-neu, die ebenfalls zu einem Eintrag bei Schufa und Co. führen kann. 

Herr Dr. Tintemann weist zudem noch darauf hin, dass Negativeinträge bei Auskunfteien auch dann erfolgen dürfen, wenn der Schuldner die Forderung ausdrücklich anerkennt (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BDSG-neu). Aus diesem Grund sollte bei einer Vereinbarung zur Begleichung der Mietschulden festgehalten werden, dass eine Einmeldung bei den Auskunfteien nicht erfolgen darf. 

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