Privatinsolvenzen: Experten erwarten Anstieg in 2021

Im ersten Halbjahr 2020 ist die Anzahl der Personen, die Privatinsolvenz anmelden mussten, um 8,4 Prozent gesunken. Allerdings erwarten Experten einen starken Anstieg in 2021.

Julia Ptock
Insolventantrag ausfüllen

Das Konto ist gepfändet und der Gerichtsvollzieher stand auch schon vor der Tür… Eine Privatinsolvenz ist für viele Schuldner oft die letzte Möglichkeit, um ihre Schulden wieder loszuwerden.

Bei einer Privatinsolvenz handelt es sich um ein mehrstufiges Verfahren, das über mehrere Jahre dauert. Sie ist so konzipiert, dass die Gläubiger eines zahlungsunfähigen Schuldners eine gleichmäßige, forderungsanteilige Tilgung erhalten. Darüber hinaus kann der Schuldner unter Umständen von einer Restschuldbefreiung profitieren, falls nach dem Insolvenzverfahren noch Verbindlichkeiten bestehen. 

Wie eine Privatinsolvenz abläuft und was es noch für Wege aus der Schuldenfalle gibt, kannst du in dem Artikel „Schulden? Die Hauptgründe und Wege aus der Schuldenfalle” nachlesen. 

Aber wie viele Menschen mussten im ersten Halbjahr 2020 überhaupt Privatinsolvenz anmelden? Die Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel ist dieser Frage in ihrer neuen Studie „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2020“ nachgegangen. Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse zusammen. 

 Privatinsolvenzen sinken um 8,4 Prozent

Die gute Nachricht vorweg. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 ist die Anzahl der neu angemeldeten Privatinsolvenzen um 8,4 Prozent auf 38.695 (1. HJ 2019: 42.235) zurückgegangen. Im Vergleich zum Insolvenzrekordjahr 2010, als 69.417 Privatpersonen im 1. Halbjahr eine Insolvenz anmelden mussten, sind die Fallzahlen sogar um 44,3 Prozent gesunken.

Entwicklung der Privatinsolvenzen in Deutschland zwischen 2011 und 2020
Quelle: CRIF Bürgel GmbH - „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2020“ (Stand: 02.09.2020)

Die sinkenden Fallzahlen zeigen, dass die Corona-Krise bisher kaum Einfluss auf die Entwicklung der Privatinsolvenzen hat. Der Rückgang, so erklären die Experten, lässt sich mit den guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Allgemeinen und der niedrigen Arbeitslosenquote in Deutschland im Speziellen erklären. 

Für das zweite Halbjahr 2020 und das erste Halbjahr 2021 wird jedoch mit einer Trendwende gerechnet. Grund: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Arbeitslosen im Juni um 637.000 oder 29 Prozent erhöht. Zudem wurde bis Juni für über elf Millionen Menschen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Beides wird zu einer steigenden Anzahl von Privatinsolvenzen führen, da Personen bei weiterhin hohen Kosten über weniger Geld verfügen.

Entsprechend geht CRIF Bürgel für das zweite Halbjahr und auch im Jahr 2021 davon aus, dass es deutlich mehr Privatinsolvenzen in Deutschland geben wird. Es wird von bis zu 85.000 Fällen ausgegangen. 2021 könnten es sogar über 100.000 werden.  

 Privatinsolvenzen nach Bundesländern: In vier Bundesländern steigen die Zahlen

Auch 2020 sind vor allem die nördlichen Bundesländer stärker von Privatinsolvenzen betroffen als die südlichen. Bremen führt mit Abstand das Ranking an. In dem Stadtstaat wurden im 1. Halbjahr 2020 90 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern gemeldet. Auf Platz zwei liegt Niedersachsen (68) und auf Platz drei Sachsen-Anhalt (63). Am wenigsten Privatinsolvenzen meldeten im 1. Halbjahr 2020 Bayern (30), Baden-Württemberg (35) und Thüringen (36). Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 47 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern. 

Auch wenn bundesweit die Privatinsolvenzen abnehmen, vermelden vier Bundesländer einen Anstieg der Fallzahlen. Allen voran Bremen mit einem Plus von 8,3 Prozent. Auch in Sachsen (plus 2,5 Prozent), Baden-Württemberg (plus 2,3 Prozent) und Hessen (plus 1,6 Prozent) gab es mehr Privatpleiten als im 1. Halbjahr 2019. Deutlich verringert haben sich die Fallzahlen hingegen in Mecklenburg-Vorpommern (minus 19,4 Prozent), Hamburg (minus 18,0 Prozent), Schleswig-Holstein und Saarland (jeweils minus 16,7 Prozent) und in Thüringen (minus 16,0 Prozent).

 Frauen und jüngere Menschen sind weniger von Privatinsolvenzen betroffen

Auch 2020 setzt sich der Trend fort, dass eher Männer als Frauen Privatinsolvenz anmelden müssen. Die Statistik zeigt, dass 60,2 Prozent (23.301 Fälle) der neu angemeldeten Privatinsolvenzen auf Männer entfällt. Auch im relativen Vergleich der Geschlechter sind die Männer führend. Auf 100.000 Männer entfielen im 1. Halbjahr 2020 57 Privatinsolvenzen. Demgegenüber stehen 39 Privatpleiten je 100.000 weibliche Einwohner.

Der Blick auf die verschiedenen Altersgruppen zeigt, dass mit bis auf einer Ausnahme die Privatinsolvenzen rückläufig sind. Auffällig ist die Entwicklung in der ältesten Altersgruppe (61 Jahre und älter). Da stiegen die Privatpleiten um 3,0 Prozent von 4.795 auf 4.940 Fälle. Hintergrund dieser Entwicklung sind unter anderem niedrige Renten, die oftmals durch unterbrechungsreiche Erwerbsbiografien zustande kommen. Aber auch hohe Kosten in  Krankheitsfall können in eine Privatinsolvenz führen. 

 Schuldnerberatung hilft

Wenn du bereits merkst, dass du Probleme hast, deine Verbindlichkeiten zu bedienen, solltest du dringend deine Finanzen prüfen und dir einen Überblick verschaffen. Dafür eignet sich eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Dabei werden die monatlichen Einnahmen und Ausgaben gegenüber gestellt. Ist das Ergebnis der Rechnung negativ, gibst du jeden Monat mehr Geld aus, als du einnimmst. Ist das der Fall wächst der Schuldenberg kontinuierlich weiter. Neben der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung solltest du auch deinen aktuellen Schuldenstand ermitteln.

Wenn du merkst, dass dir deine Schulden über den Kopf wachsen, empfehlen wir dir, dich an eine Schuldnerberatung zu wenden. Das Ziel der Schuldnerberatung ist eine außergerichtliche Entschuldung. Damit sollen vor allem Gerichtsverfahren - und damit auch zusätzliche Gerichtskosten - sowie ein langjähriges Insolvenzverfahren vermieden werden. 

bonifys Partner - Plan-Finanz24 - hilft dir als professionelle Schuldnerberatung gleich auf mehreren Wegen. Zum einen überprüft Plan-Finanz24 deine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und ermittelt gemeinsam mit dir einen monatlich zur Schuldenregulierung zur Verfügung stehenden Betrag. Zum anderen kann dich Plan-Finanz24 mit einem auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt zusammen bringen, der die Rechtsberatung und den Schriftverkehr mit den Gläubigern übernimmt. 

Julia Ptock