Gesetzesentwurf: Inkassogebühren sollen sinken

Einen Brief vom Inkassounternehmen bekommt keiner gerne. Nicht zu Unrecht, denn oft müssen hohe Inkassogebühren bezahlt werden. Die Bundesregierung will Verbraucher vor unverhältnismäßigen Inkassokosten schützen und hat einen Gesetzentwurf beschlossen.

Julia Ptock
Rechnung mit Stempel mit Aufdruck Inkasso

Es geht schneller als man denkt: Einmal eine Rechnung vergessen zu bezahlen und schon erhält man einen Brief von einem Inkassounternehmen. Und das kann schnell sehr teuer werden. 

Die Bundesregierung will Verbraucher vor unverhältnismäßigen Inkassokosten schützen und hat dazu am 22.04.2020 einen Gesetzentwurf beschlossen. Der Entwurf sieht eine Senkung der Inkassogebühren sowie neue Hinweispflichten für mehr Transparenz bei Verbrauchern vor. Was sich genau ändern wird und wie sich Inkassogebühren aktuell (Mai 2020) zusammensetzen, erklären wir in diesem Artikel. 

 Der neue Gesetzesentwurf

Ein Inkassounternehmen treibt für andere Unternehmen, meist Händler oder Anbieter von Dienstleistungen, offene Forderungen ein. Hast du nach einem Kauf oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung vergessen, die offene Rechnung zu bezahlen, kann es sein, dass das Unternehmen ein Inkassounternehmen damit beauftragt, das geschuldete Geld einzutreiben. Für diese Arbeit bekommen die Inkassounternehmen natürlich auch Geld -  das sind die Inkassokosten.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ist der Ansicht, dass die geforderten Inkassogebühren oft in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand und zur Höhe der Forderung stehen. Aus diesem Grund sieht das neue Gesetz vor, die Gebühren generell zu senken. Der Regierungsentwurf zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht bedarf noch der Zustimmung des Bundestages. 

Nachfolgend erklären wir die wichtigsten Neuerungen, die das Gesetz mit sich bringt. 

 Forderungen bis 500 Euro: Gebühren sollen halbiert werden

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass für Forderungen zwischen 50 und 500 Euro, die laut Ministerium etwa 60 Prozent aller Fälle ausmachen, nur noch Gebühren in Höhe von 27 Euro berechnet werden dürfen. Anstelle des bisher geltend gemachten Gebührensatzes von 1,3 beziehungsweise 1,1 soll nach dem Willen der Regierung nur noch ein Satz von 0,5 beziehungsweise 1,0 gelten. Bisher wurden im Durchschnitt Gebühren in Höhe von 59,40 Euro verlangt, wenn die Forderung nach dem ersten Mahnschreiben beglichen wurde. 

Weiterhin wird die Wertstufe bis 50 Euro eingeführt. Nach Angaben des Rechts-Portals beck-aktuell machen solche Kleinforderungen etwa 23 Prozent aller Fälle aus. In dieser Wertstufe sollen künftig nur noch 18 Euro gefordert werden, wenn die Forderung auf das erste Mahnschreiben begleichen wird.

 Mehr Hinweispflichten sollen für mehr Transparenz sorgen

Neben geringeren Gebühren sieht der Gesetzesentwurf auch mehr Hinweispflichten vor. Ziel ist es, mehr Transparenz für Verbraucher zu schaffen. 

Die neue Hinweispflicht sieht vor, dass Verbraucher bereits im Vorhinein darüber aufgeklärt werden sollen, welche Inkassokosten im Fall eines Verzugs auf sie zukommen könnten. Nach Angaben von beck-aktuell kann diese Hinweispflicht entweder schon beim Vertragsschluss oder spätestens bei einer Mahnung erfüllt werden. Des Weiteren sollen Verbraucher vor dem Abschluss von Zahlungsvereinbarungen auf die dadurch entstehenden Kosten hingewiesen werden. Außerdem sollen Verbraucher über die rechtlichen Folgen eines Schuldeingeständnisses aufgeklärt werden. In einigen Fällen ist es nämlich so, dass Inkassodienstleister den Abschluss einer Zahlungsvereinbarung von einem solchen Eingeständnis abhängig machen. Dadurch verlieren Schuldner allerdings in der Regel die Möglichkeit, noch Einwände gegen die Forderung zu erheben.

Mehr Transparenz soll zudem dadurch geschaffen werden, dass Inkassodienstleister künftig auch die für sie zuständige Aufsichtsbehörde angeben müssen.

 Status quo: Die aktuellen Inkassogebühren

Der Streit um die Höhe von Inkassogebühren wird schon sehr lang geführt. So gibt es erst seit Oktober 2013 eine gesetzliche Beschränkung für die Erhebung von Inkassogebühren. Das bedeutet, dass die Inkassogebühren nach oben hin gedeckelt sind. 

Zum aktuellen Zeitpunkt (Mai 2020) ist es so, dass die Höhe der Inkassogebühren in der Inkassogebührenverordnung festgehalten ist. Die Inkassogebühren Höhe orientiert sich am Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Das bedeutet, dass Inkassounternehmen keine höheren Gebühren für ihre Tätigkeit verlangen dürfen, als es Rechtsanwälte dürfen. Des Weiteren richten sich die Inkassogebühren nach der Höhe der Forderung und dürfen höchstens dem entsprechen, was auch in der Gebührentabelle für Rechtsanwälte für diesen Streitwert vorgesehen ist.

 Gebühren nach Schwierigkeitsgrad

Im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sind die Gebühren für außergerichtliche Tätigkeiten von Rechtsanwälten unter Nummer 2300 aufgelistet. Der angegebene Gebührenrahmen liegt zwischen 0,5 und 2,5. Wobei die Regelgebühr 1,3 und die mittlere Gebühr 1,5 beträgt. Faustregel bei der Festlegung der Gebühr ist: je höher der Schwierigkeitsgrad, umso höher die Gebühr. Das lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: Lässt sich der Sachverhalt mit einem Mahnschreiben oder einer einfachen Verhandlung klären, werden die Kosten eher zwischen 0,5 und 1,3 liegen. Ist der Sachverhalt eher kompliziert, weil der Schuldner bspw. unbekannt verzogen ist oder es zu streitigen Rechtsfragen kommt, die umfassende Recherchen erfordern, können die Gebühren auch höher ausfallen. 

 Gebühren nach Gegenstandswert

Die Mindestgebühr, die Inkassounternehmen aktuell erheben dürfen, liegt laut  § 13 RVG bei 15 Euro. Wie sich die Gebühren bei steigendem Gegenstandwert erhöhen, haben wir in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.

Gegenstandswert bis zu:

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

Erhöhung der Gebühr um:

Gegenstandswert bis zu:

2.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

500 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

35 Euro

Gegenstandswert bis zu:

10.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

1.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

35 Euro

Gegenstandswert bis zu:

25.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

3.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

46 Euro

Gegenstandswert bis zu:

50.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

5.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

75 Euro

Gegenstandswert bis zu:

200.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

15.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

85 Euro

Gegenstandswert bis zu:

500.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

30.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

120 Euro

Gegenstandswert bis zu:

mehr als 500.000 Euro

Für jeden angefangenen Betrag von weiteren:

50.000 Euro

Erhöhung der Gebühr um:

150 Euro

Inkassogebühren bei steigendem Gegenstandwert

 Sonstige Kosten

Neben der eigentlichen Hauptforderung können Inkassounternehmen nach Angaben der Schuldnerberatung zudem folgende Kosten im Auftrag des Gläubigers geltend machen: 

Zinsen auf die Hauptforderung (maximal 5 Prozent, frühestens ab dem Folgetag des Zugangs der ersten Mahnung)

Mahnkosten (die erste Mahnung ist grundsätzlich kostenfrei, ab der 2. Mahnung sind jeweils höchstens 2,50 Euro zulässig)

Mahnbescheid (gerichtlicher Mahnbescheid muss erwirkt werden, dem Schuldner dürfen dafür maximal 25 Euro berechnet werden)

Vollstreckungskosten

Zustellungskosten

Telefon- und Portokosten (maximale Höhe von 20 Euro)

Kosten für die Adressermittlung und für Bankrücklastschriften 

Unzulässige Kosten sind hingegen: 

Bereits ausgewiesene Umsatzsteuer

Telefon-Inkassogebühren

Kontoführungsgebühren 

Kosten für einen zusätzlich beauftragten Anwalt

Übersendung der Forderungsaufstellung 

Umfassende Informationen zum Thema Inkassogebühren findest du auf dem Verbraucherportal des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Mit dem Inkasso-Check der Verbraucherzentrale kannst du zudem kostenlos prüfen, ob du die Inkassogebühren überhaupt zahlen musst und ob die Höhe der Kosten gerechtfertigt ist. 

Julia Ptock