Berliner Testament

Je nach Lebenssituation kann es sein, dass du irgendwann mal mit einem Testament konfrontiert wirst. Wenn es ein sogenanntes Berliner Testament ist und du dazu Fragen hast, dann bist du hier richtig!

Luba Mlangeni
Berliner Testament

Das Wichtigste in Kürze:

• Bei einem Berliner Testament erbt der länger lebende Ehepartner erst alles. • Wenn dieser dann verstirbt, erben erst die Kinder. • Wenn das Vermögen sehr groß ist, dann kann ein Berliner Testament steuerliche Nachteile haben.

 Was ist ein Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine Variante des gemeinschaftlichen Testaments und ist besonders unter Eheleuten mit Kindern beliebt. Und zwar sehr: Laut dem Institut für Demoskopie sind 59% aller Testamente Berliner Testamente.

Es bedeutet, dass Eheleute sich gegenseitig zu Alleinerben machen und die Kinder erst nach dem Ableben beider Eltern erben. Das macht die Kinder dann zu sogenannten Schlusserben.

Es könnte zum Beispiel so formuliert werden:

Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tode von uns beiden sollen unsere Kinder zu gleichen Teilen erben.

Das machen Eheleute primär, um den Lebensstandard des anderen nach dem Tod weiter zu gewähren und um einen Streit um das Erbe zu verhindern, zumindest nicht mehr mitzubekommen, wenn die Kinder dann geerbt haben.

Wenn in einem Berliner Testament die gemeinsamen Kinder als Schlusserben benannt werden, sollte das Testament so interpretiert werden, dass diese Bezeichnung nicht nur die Kinder, sondern auch die Enkel umfasst. Diese Klarstellung ist bedeutend, insbesondere wenn eines der Kinder bereits verstorben ist.

 

 Was sind die Vor- und Nachteile eines Berliner Testaments?

 Die Vorteile:

1. Erstmal keine Erbauseinandersetzung: Dies ist besonders wichtig, wenn es um eine Immobilie geht, in der der überlebende Ehepartner bleiben soll. Der Lebensstandard des Ehegatten wird so erstmal aufrechterhalten. Danach erben dann zu gleichen Anteilen die Kinder.

2. Bindungswirkung: Mit einem gemeinsamen Testament bindet ihr euch gegenseitig. Es kann also keine Regelung widerrufen werden, die ohne den anderen nicht getroffen worden wäre. Das nennt man eine wechselseitige Verfügung. Wenn ihr also zum Beispiel eure Kinder als Erben eingetragen habt, dann ist es vermutlich eine wechselseitige Anordnung. Der Verbleibende kann also nicht einfach die Kinder enterben.

3. Widerruf durch beide Ehegatten: Das Testament kann von einem Partner widerrufen werden, aber nur, wenn beide noch leben. Du musst dafür aber zu einem Notar gehen, auch wenn ihr das Testament selbst verfasst habt. Der Widerruf muss bekundet werden, und diese Urkunde wird dann dem anderen Ehegatten zugestellt, damit dieser ebenfalls darüber informiert ist.

 Die Nachteile:

1. Einschränkung der Verfügbarkeit: Das Berliner Testament bindet beide Ehepartner und bietet weniger Flexibilität für zukünftige Änderungen, insbesondere wenn sich die Lebensumstände oder Beziehungen ändern.

2. Steuerliche Nachteile: Bei sehr großen Vermögen kann ein Berliner Testament steuerliche Nachteile haben, da die Kinder erst nach dem Tod beider Elternteile erben und somit die steuerlichen Freibeträge nicht optimal genutzt werden können.

3. Keine Berücksichtigung anderer potenzieller Erben: Andere potenzielle Erben wie Enkelkinder, Geschwister oder andere Verwandte können durch ein Berliner Testament benachteiligt werden, da diese erst erben, wenn beide Ehepartner verstorben sind und die Kinder bereits bedacht wurden.

 

 Einige Punkte im Detail

 Nach dem Tod eines Ehegatten:

Wenn ein Partner gestorben ist, ist ein Widerruf der wechselseitigen Verfügungen nicht mehr möglich. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Kinder auf jeden Fall die Erben bleiben. Zwar wird der überlebende Ehegatte Alleinerbe, aber er kann niemand anderen als Erben einsetzen. Er kann die Kinder auch nicht mit Erbquoten bedenken.

Der überlebende Ehepartner kann seine Verfügung nur dadurch aufheben, indem er das Erbe ablehnt und stattdessen seinen Pflichtteil einfordert.

 Änderungsklauseln:

Wenn ihr möchtet, dass der länger Lebende doch Änderungen allein vornehmen kann, dann müsst ihr eine Änderungsklausel mit in das Testament aufnehmen. Damit kann dann eine umfassende Änderung durchgesetzt werden oder eine mit Grenzen.

Zum Beispiel könntet ihr schreiben: "Der Überlebende ist befugt, neu und abweichend zu testieren."

Mehr zu den steuerlichen Nachteilen: 

Ein Berliner Testament kann steuerliche Nachteile haben, wenn viel geerbt wird. Es kann für die Kinder teuer werden, wenn sie das gesamte Vermögen auf einmal bekommen und das über den Freibetrag hinausgeht.

 Freibetrag:

Normalerweise hat jedes Kind das Recht auf einen Freibetrag von 400.000 € pro Erbfall von jedem seiner Elternteile. Aber beim Berliner Testament gibt es einen Haken: Die Kinder verlieren den Freibetrag von 400.000 €, weil der überlebende Elternteil zunächst alles erbt.

Die beiden Steuernachteile zusammengefasst:

1. Jedes Kind verliert einen persönlichen Steuerfreibetrag von 400.000 €. 2. Der zuletzt verstorbene Ehegatte erbt so viel Vermögen, dass er mehr Erbschaftsteuern zahlen muss als notwendig.

 

 Was bedeutet ein Berliner Testament für die Kinder?

Wie bereits erwähnt, erben Kinder bei einem Berliner Testament erst, wenn sie Vollwaisen sind.

Allerdings kann das umgangen werden, wenn die Kinder beim Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil verlangen. Das Recht haben sie auch. Dadurch kann allerdings der überlebende Elternteil finanziell in die Bredouille gebracht werden, vor allem, wenn es bei dem Nachlass um ein Haus oder etwa ein Unternehmen geht. Wenn dann das Haus in unserem Beispiel verkauft werden muss, kann es für den Ehepartner zu Komplikationen kommen. Wer dann nicht verkaufen möchte, kann zum Beispiel ein Darlehen in Höhe des Pflichtteils aufnehmen, das mit einer Grundschuld auf das Haus abgesichert ist.

 Die Pflichtteils-Strafklauseln:

Um genau das zu vermeiden, gibt es Pflichtteils-Strafklauseln. Damit sollen Kinder davon abgehalten werden, sich sofort den Pflichtteil zu holen. Wer den Pflichtteil verlangt, würde sich so selbst enterben.

Ein Beispiel für eine solche Klausel könnte lauten:

"Verlangt eines unserer Kinder beim Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil, so werden er und seine Abkömmlinge nicht Erben des Letztversterbenden."

Trotzdem kann das Kind seinen Pflichtteil einfordern, wenn es will. Das entspricht übrigens der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wenn dann auch der überlebende Elternteil stirbt, kann der Nachkomme nochmals seinen Pflichtteil einfordern. Manchmal ist er damit fast so gut gestellt wie die anderen Erben, vor allem wenn das Vermögen durch den noch lebenden Ehepartner fast aufgezehrt wurde, zum Beispiel wenn der Partner in ein Pflegeheim muss oder ähnliches.

 Beispiel 1: Auswirkungen der Pflichtteils-Strafklausel

Karl ist mit Maria verheiratet. Beide haben jeweils ein Vermögen von 400.000 € angespart. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, Anna und David. Stirbt Karl, würde Maria nach gesetzlicher Erbfolge die Hälfte erben (200.000 €), und die beiden Kinder je ein Viertel (100.000 €).

Die Eltern haben ein klassisches Berliner Testament mit Pflichtteils-Strafklausel aufgesetzt. Demnach erbt der überlebende Ehepartner nach dem Tod des anderen zunächst alles, die Kinder erst nach dem Tod des überlebenden Ehepartners. Verlangt Tochter Anna nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil, bekommt sie sofort die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also ein Achtel von 400.000 Euro (=50.000 €). Den Rest erbt die Mutter (350.000 €).

Stirbt nach einer gewissen Zeit auch Maria, erben die Kinder eigentlich jeweils die Hälfte ihres gesamten Vermögens, also jeder die Hälfte von 750.000 € – unter der Annahme, dass das Vermögen nicht weniger geworden ist. Da aber Anna den Pflichtteil nach dem Tod des Vaters verlangt hatte, bekommt sie auch jetzt nur den Pflichtteil aus Marias Nachlass, also nur ein Viertel (187.500 €). David dagegen erbt drei Viertel (562.500 €).

Anna stellt sich mit ihrem Widerstand gegen das Berliner Testament daher erheblich schlechter, sie bekommt insgesamt nur 237.500 €. Ihr Bruder erhält mehr als das Doppelte.

Da das Vermögen von Menschen im Alter in der Regel weniger wird, weil Pflegeheimkosten anfallen, kann der finanzielle Nachteil für denjenigen, der seinen Pflichtteil verlangt, geringer ausfallen, wie das zweite Beispiel zeigt:

 Beispiel 2: Auswirkungen der Strafklausel bei weniger Vermögen

Bis zum Ableben der Mutter schrumpft ihr gesamtes Vermögen auf 200.000 €. Nach dem Tod der Mutter würden die Kinder eigentlich jeweils die Hälfte erben. Da Anna nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil verlangt hatte (50.000 €), erhält sie jetzt nur ihren Pflichtteil, also ein Viertel der 200.000 € (=50.000 €). David erbt 150.000 €. Anna erbt insgesamt nur 100.000 €.

Wenn im Nachlass von Maria insgesamt nur noch 100.000 € vorhanden sind, erhält Anna ihren Pflichtteil von 25.000 €, David erbt die verbleibenden 75.000 €. Jedoch hat Anna nach dem Tod des Vaters bereits einen Pflichtteil von 50.000 € erhalten. In diesem Fall erhalten beide Kinder insgesamt die gleiche Summe. Anna konnte jedoch viel früher über einen Teil des Geldes verfügen.

Personen, die eine Strafklausel in ihr gemeinschaftliches Testament aufnehmen möchten, sollten sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten lassen. Es gibt viele Regelungen, die möglicherweise nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, dass die Kinder ihren Pflichtteilsanspruch durchsetzen, beispielsweise um Freibeträge bei der Erbschaftsteuer auszuschöpfen.

 Wie wird ein Berliner Testament aufgesetzt?

Dein Partner und du könnt euren letzten Willen selbst verfassen. Dazu muss einfach nur einer von euch das Testament per Hand schreiben und dann solltet ihr beide eure Unterschrift darunter setzen. Wenn du die Person bist, die nur unterschreibt, dann solltest du angeben, wann und wo das passiert ist.

Auch wenn du es ausdruckst und persönlich unterschreibst, ist ein mit dem Computer erstelltes Testament nicht wirksam.

 Was muss rein?

Es muss ganz klar und deutlich sein, dass der überlebende Ehegatte für den Erbfall der Alleinerbe sein soll. Wenn das nicht ausdrücklich da steht, dann gilt die gesetzliche Erbfolge. Also, wenn ihr zum Beispiel schreibt "Nach unserem Tod erben die Kinder", dann ist das nicht explizit genug. Selbst die übliche Berücksichtigung zwischen Ehegatten lässt nicht automatisch darauf schließen, dass einer den anderen zum Alleinerben machen wollte. Es genügt nicht zu erklären, dass das Vermögen durch ein Berliner Testament vererbt werden soll.

Wenn euer Testament aus mehreren Seiten besteht, dann müssen sie durchnummeriert werden und auch alle unterschreiben werden. Alternativ könnt ihr zwei separate Dokumente erstellen, wenn ihr gemeinschaftlich den Nachlass regeln möchtet. In diesem Fall solltet ihr beide Texte zusammen in einen Umschlag legen oder mit einer Heftklammer verbinden.

Da jeder Erblasser, jede Familie und jeder Nachlass individuell ist, halte ich eine allgemeine Vorlage für ein Berliner Testament nicht für hilfreich. Im Internet findest du aber zahlreiche Beispiele.

Ihr könnt allerdings auch zum Notar gehen und ein sogenanntes öffentliches Testament aufsetzen lassen. Dort könnt ihr euch beraten lassen und seid, was das Rechtliche betrifft, auf der sicheren Seite. Außerdem könnt ihr es auch amtlich verwahren lassen. Die Kosten hängen von eurem Vermögen ab.

Wenn der Nachlass beispielsweise 150.000 € beträgt, belaufen sich die Kosten für die Erblasser auf 650 €. Bei einem Vermögen von 600.000 € müsst ihr mit 2.000 € rechnen, zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer.

 Was passiert im Falle einer Scheidung?

Bei einer Scheidung verliert ein gemeinschaftliches Testament seine Gültigkeit. Das Gleiche gilt, wenn zum Zeitpunkt des Todes eines Ehepartners die Scheidung beantragt war und alle Voraussetzungen erfüllt waren.

Da die meisten Ehepaare bei der Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments nicht an eine mögliche Scheidung denken, ist es ratsam, nach der Trennung das gemeinschaftliche Testament zu vernichten. Ein eigenhändiges Testament kann einfach zerstört werden. Falls ein notarielles Testament vorhanden ist, muss es aus der amtlichen Verwahrung zurückgefordert und vernichtet werden, um seine Gültigkeit zu verlieren.

Es kann allerdings sein, dass das gemeinschaftliche Testament ausnahmsweise – trotz Scheidung – weiter gilt. Das ist der Fall, wenn das Testament auch für den Fall der Scheidung in Kraft bleiben soll. Werden beispielsweise im gemeinschaftlichen Testament die gemeinsamen Kinder als Erben eingesetzt, so kann es sein, dass die Ehegatten diese Verfügung auch getroffen hätten, wenn sie das Scheitern der Ehe vorhergesehen hätten.

Wer vermeiden will, dass der geschiedene Ehegatte im Erbfall versucht, seine Ansprüche geltend zu machen, kann im gemeinschaftlichen Testament aufnehmen, dass es im Fall der Scheidung nicht mehr gelten soll.

 Wie sinnvoll ist eine Wiederverheiratungsklausel?

Wenn die verwitwete Mutter oder der verwitwete Vater erneut heiratet, erwirbt der neue Ehepartner mit der Eheschließung erbrechtliche Ansprüche und Ansprüche auf den Pflichtteil. Das kann dazu führen, dass sich für die Kinder aus erster Ehe, die im gemeinschaftlichen Testament als Schlusserben benannt sind, das Risiko eines verringerten späteren Nachlasses ergibt.

Um diesem Risiko vorzubeugen, kann eine Klausel zur Wiederverheiratung eingefügt werden. Diese besagt, dass Teile oder der gesamte Nachlass bereits auf die Kinder übergehen, wenn der überlebende Elternteil erneut heiratet. Wenn ihr solch eine Regelung wünscht, solltet ihr euch von einem Fachmann für Erbrecht oder einem Notar beraten lassen, um sicherzustellen, dass die Klausel rechtswirksam ist.

Sollte eine solche Klausel fehlen, hat der wiederverheiratete Partner das Recht, das gemeinschaftliche Testament innerhalb eines Jahres nach der Heirat anzufechten, falls er beispielsweise seinen neuen Partner bedenken möchte. In diesem Fall tritt rückwirkend ab dem Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten die gesetzliche Erbfolge in Kraft.

 Fazit

Bei einem Berliner Testament gibt es zwar einiges zu beachten, du kannst es aber trotzdem grundsätzlich einfach zu Hause aufsetzen. Wenn dir das verständlicherweise nicht ganz geheuer ist, dann ab zum Notar. Viel Erfolg! :)

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Luba Mlangeni