Privatinsolvenz: Anzahl sinkt, Trend kehrt sich aber um
Im 1. Halbjahr 2019 mussten 42.235 Verbraucher eine Insolvenz anmelden – so wenig wie seit 2004 nicht mehr. Doch der Trend kehrt sich um: Für 2020 werden wieder mehr private Insolvenzen erwartet.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben so wenig Verbraucher eine Insolvenz angemeldet wie seit 2004 nicht mehr. Das ist das Ergebnis des Schuldenbarometers der Auskunftei Crif Bürgel.
Im 1. Halbjahr 2019 mussten nur 42.235 Verbraucher eine Insolvenz anmelden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2018) das ein Minus von 1,4 Prozent. Damals mussten 42.846 Verbraucher in die private Insolvenz. Im Vergleich zum Insolvenzrekordjahr 2010, als 69.417 Privatpersonen in den ersten sechs Monaten des Jahres eine Insolvenz anmelden mussten, sind die Fallzahlen damit um 39,1 Prozent gesunken. Die Auskunftei nimmt an, dass es 2019 insgesamt um die 88.000 Privatinsolvenzen in Deutschland geben wird.
Zu den Hauptgründen, die zu einer Privatinsolvenz führen, zählen Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit, Einkommensarmut, gescheiterte Selbstständigkeit, unwirtschaftliche Haushaltsführung, Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung und Krankheit. Laut dem Schuldenbarometer hat der Großteil der Privatpersonen in einer Insolvenz Schulden bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften. Die durchschnittliche Schuldenhöhe liegt bei rund 30.000 Euro.
Trendwende eingeleitet: 2020 werden mehr Insolvenzen erwartet
Während seit 2010 die Anzahl an Insolvenzen rückläufig ist, geht die Auskunftei davon aus, dass sich der Trend nicht weiter fortsetzen wird. “Für 2020 erwarten wir wieder mehr private Insolvenzen in Deutschland. Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt langsam auch am Arbeitsmarkt leichte Spuren. Da in den Insolvenzstatistiken vor allem die Vergangenheit abgebildet wird, sie gewissermaßen ein Blick in den Rückspiegel sind, werden diese Entwicklungen auch erst 2020 einen Einfluss auf die Insolvenzzahlen haben“, so Crif Bürgel Geschäftsführer Christian Bock.
Allerdings zeigen sich jetzt schon die ersten Auffälligkeiten. Gleich in drei Altersgruppen stiegen die Privatinsolvenzen bereits an. Bei den 31-bis 40-Jährigen mussten 11.308 Bundesbürger Insolvenz anmelden. Das entspricht einem Plus von 2,3 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 (11.057). Ein ähnliches Plus von jeweils 2,1 Prozent verzeichnen auch die Altersgruppen 51-60 Jahre sowie 61 Jahre und älter. In der Summe machen die beiden ältesten Altersgruppen 31,6 Prozent (13.350 Privatinsolvenzen absolut) am Insolvenzgeschehen in Deutschland aus. Mit anderen Worten: Nahezu jede dritte Privatinsolvenz in Deutschland wird von einem Bundesbürger angemeldet, der mindestens 51 Jahre alt ist.
Hintergrund der steigenden Insolvenzen im Alter ist vor allem der in der Vergangenheit problematische Arbeitsmarkt und der Wandel der Erwerbsformen. Niedriglohnbeschäftigungen und darauf beruhende geringe Rente, hohe Kosten im Krankheitsfall und eine zu geringe Altersvorsorge, vor allem bei ehemaligen Selbstständigen, sorgt für die Zunahme. In Verbindung mit dem demografischen Wandel wird die Entwicklung dazu führen, dass künftig eine immer größer werdende Bevölkerungsgruppe vor finanziellen Problemen im Alter stehen wird.
Norddeutschland hat die meisten Insolvenzen
Die geografische Verteilung bleibt weitestgehend unverändert. Wie schon in den letzten Jahren ist der Norden die Insolvenzhochburg Deutschlands. Auf 100.000 Einwohner kommen in Bremen, dem traurigen Spitzenreiter, 83 Privatinsolvenzen. Auf Platz zwei und drei liegen die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit jeweils 74 Privatinsolvenzen auf 100.000 Einwohner.
Über dem bundesweiten Durchschnitt (51 Insolvenzen auf 100.000 Einwohner) liegen zudem Hamburg (69), Sachsen-Anhalt (68), Saarland (66), Mecklenburg-Vorpommern (64), Brandenburg (60), Nordrhein-Westfalen (57) und Berlin (54).
In puncto prozentualer Veränderung hat allerdings Sachsen-Anhalt den stärksten Anstieg von 8,3 Prozent zu verzeichnen. Deutlich mehr Privatpleiten als vor einem Jahr gab es zudem in Niedersachsen und Bremen (je plus 7,2 Prozent) und in Rheinland-Pfalz (plus 6,3 Prozent). Die Bundesländer Thüringen (minus 15,1 Prozent) und Bayern (minus 14,5 Prozent) meldeten hingegen zweistellige Rückgänge. Deutlich weniger private Insolvenzen gab es auch im Saarland (minus 7,9 Prozent), Hamburg (7,8 Prozent) und in Baden-Württemberg (minus 7,6 Prozent).
Das Schuldenbarometer gibt zudem Auskunft darüber, ob eher Frauen oder Männer Insolvenz anmelden. Das Ergebnis: 58,6 Prozent (24.757) aller Privatinsolvenzen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 betrafen Männer. Auch im relativen Vergleich der Geschlechter liegen die Männer vor den Frauen. Auf 100.000 Männer entfielen im 1. Halbjahr 2019 60 Privatinsolvenzen, auf Frauen hingegen nur 43.