Mehrwertsteuersenkung: Wichtige Fragen und Antworten

Die Regierung hat die Mehrwertsteuer gesenkt: Statt 19 sind es 16 Prozent (bzw. 5 statt 7 Prozent). Die Reduzierung gilt bis Ende des Jahres. Was das für Verbraucher bedeutet und wie sie davon profitieren können, erklären wir in diesem Artikel.

Julia Ptock
Mehrwertsteuerreduzierung, von 19 auf 16 und von 7 auf 5 Prozent

Während die Corona-Fallzahlen in Deutschland auf einem niedrigen Niveau stabil bleiben, kämpft Deutschland mit den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise. Um den Konsum zu stärken und der Konjunktur neuen Schub zu geben, hat die Bundesregierung beschlossen, die Mehrwertsteuer zu senken. Der reguläre Satz sinkt von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte von 7 auf 5 Prozent. 

Aber was genau bedeutet die Mehrwertsteuersenkung für Verbraucher? Müssen Händler und Unternehmen die Steuersenkung an die Kunden weitergeben? Wie verhält es sich mit Energieverträgen? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

 Welche Steuersätze gelten - und wie lange?

In Deutschland gibt es zwei unterschiedliche Mehrwertsteuersätze. Der reguläre Steuersatz beträgt 19 Prozent, der ermäßigte Steuersatz 7 Prozent. Die Bundesregierung hat in der letzten Juniwoche beschlossen, dass die Mehrwertsteuer - auch Umsatzsteuer genannt - befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt wird. 

Statt der 19 Prozent werden 16 Prozent fällig, bei Waren mit reduziertem Steuersatz wie Lebensmittel, Zeitschriften etc. werden statt 7 Prozent jetzt 5 Prozent Mehrwertsteuer erhoben. 

Auch wenn die Mehrwertsteuer um 3 Prozent gesenkt wird, bedeutet das jedoch nicht, dass Verbraucher beim Einkauf auch 3 Prozent sparten. Das liegt daran, dass die Mehrwertsteuer auf den Nettopreis erhoben wird. Ein Beispiel: Wenn ein Artikel netto - also ohne Steuer - 100 Euro kostet, kostet er mit dem regulären, nicht gesenkten Steuersatz von 19 Prozent 119 Euro. Mit dem reduzierten Steuersatz kostet der Artikel noch 116 Euro. Das ist ein Minus von 3 Euro. Würde der Preis von 119 Euro um 3 Prozent gesenkt werden, wäre das eine Ersparnis von 3,57 Euro. 

Bei Lebensmitteln fällt die Ersparnis sogar noch geringer aus. Das liegt daran, dass auf Lebensmittel, Zeitungen und Co. bereits ein reduziertet Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent angewendet wird. Dieser sinkt nun um 2 Punkte auf 5 Prozent. Laut NDR würde ein Artikel für 0,99 Euro künftig 0,97 Euro kosten, statt 4,98 werden 4,89 Euro fällig. Bei einem Lebensmittel-Einkauf für 60 Euro lassen sich 1,12 Euro sparen.

Die Beispiele zeigen, dass sich die Steuersenkung - wenn sie den an die Kunden weitergegeben wird - im Alltag gar nicht so stark auf die Preise auswirkt, wie vielleicht der ein oder andere gehofft hat. 

Allerdings: je höher der Preis, desto höher auch die Ersparnisse. Bei einem 4.000 Euro Sofa sinkt der Preis durch die niedrigere Mehrwertsteuer um etwas mehr als 100 Euro. Bei einem neuen Smartphone für 500 Euro liegt die Ersparnis immerhin noch bei etwas mehr als 12 Euro. Und eine Tankfüllung für normalerweise 60 Euro wird um gut 1,50 Euro günstiger. 

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 Die Steuersenkung muss nicht weitergegeben werden

Auch wenn die Mehrwertsteuersenkung von oberster Stelle angeordnet wurde, heißt das nicht, dass Unternehmen und Händler sie auch an Verbraucher weitergeben müssen. Wie die Verbraucherzentrale NRW erklärt, steht es Unternehmen, Dienstleistern und Geschäftstreibenden im Rahmen der üblichen Preisgestaltung zu, die bisherigen Preise beizubehalten. Laut Preisangabenverordnung ist es so, dass Händler den Kunden den Endpreis eines Produkts inklusive aller Steuern und Nebenkosten angeben müssen. Entsprechend können Verbraucher auch nur bei Verträgen, in denen die Mehrwertsteuer separat ausgewiesen ist, kontrollieren, ob die Senkung weitergegeben wird.

Wichtig: Auch wenn du der Meinung bist, dass Händler oder Dienstleister die Mehrwertsteuersenkung weitergeben sollten, darfst du auf keinen Fall selbstständig die Rechnung pauschal um den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 3 Prozent kürzen! Denn wie wir bereits erklärt haben, wird der Mehrwertsteuersatz auf den Nettobetrag angerechnet. Also, auch wenn der Mehrwertsteuersatz um 3 Prozentpunkte fällt, entspricht das aus mathematischer Sicht nur einem Rabatt von rund 2,5 Prozent. Außerdem: Wer Forderungen einseitig kürzt, gerät unter Umständen automatisch in Verzug, was im schlimmsten Fall sogar zu einem Negativeintrag in der Bonitätsakte führen kann. 

Es kann übrigens auch sein, dass Händler die neue Mehrwertsteuer gar nicht am Regal auspreisen, sondern erst an der Kasse abziehen. Vergleichen lässt sich das mit bekannten Rabattaktionen, die einen Rabatt auf alles auspreisen. 

 Gilt die neue Mehrwertsteuer auch bei Storm und Gas?

Die gute Nachricht: Ja, auch Energieversorger müssen zwischen Juli und Dezember den neuen Steuersatz weitergeben. Allerdings wird sich nichts an der Höhe der monatlichen Abschläge ändern, da die großen Versorger angekündigt haben, die Reduzierung über die jährliche Abrechnung abrechnen zu wollen. 

Rechnet dein Energieversorger zeitanteilig ab und wurden die Zählerstände nicht zum 30. Juni mitgeteilt, wird der anteilige Verbrauch laut der Verbraucherzentrale für die sechs Monate geschätzt. Wenn die Jahres- oder Endabrechnung zwischen dem 01. Juli und dem 31. Dezember liegt, kann der Energieversorger aber auch den kompletten Verbrauch seit der letzten Rechnung mit 16 Prozent Mehrwertsteuer abrechnen. 

Übrigens: Das zeitlich befristete Leistungsverweigerungsrecht für existenzsichernde Verträge der Grundversorgung - also bspw. Storm- und Gasverträge - lief zum 30. Juni aus. Das bedeutet, dass Zahlungen nun wieder aufgenommen werden müssen. 

 Versicherungsverträge und Miete sind nicht betroffen

Gerade die Miete ist für viele Verbraucher der größte finanzielle Posten im Monat. Zu einer Reduzierung der Miete aufgrund des neuen Steuersatzes wird es allerdings nicht kommen. Hintergrund: Mietverträge sind in der Regel nicht mehrwertsteuerpflichtig und deshalb von der aktuellen Änderung nicht betroffen. Anders sieht es aber bei den Nebenkosten aus. Genaue Regeln sind dazu aber noch nicht bekannt. 

Auch bei Versicherungsbeiträgen wird sich nicht ändern, da Versicherer in der Regel von der Mehrwertsteuer befreit sind. Versicherer zahlen hingegen eine sogenannte Versicherungssteuer. Die Höhe der Versicherungssteuer ist abhängig von der Art des Vertrages, liegt aber in der Regel bei 19 Prozent. Befreit von der Versicherungssteuer sind Lebens- sowie private Kranken- und Sozialversicherungen.

 Was gilt, wenn eine Ware früher bestellt wurde, aber erst nach dem 1. Juli geliefert wird?

Hier gilt in der Regel das Datum der Lieferung oder der erbrachten Leistung. Wird die Lieferung verschickt, gilt das Versanddatum. 

Ein Beispiel: Hast du im März ein Angebot zur Renovierung der Wohnung eingeholt, die zwischen Juli und Dezember 2020 ausgeführt wird, muss in der Rechnung die 16-prozentige Mehrwertsteuer ausgewiesen werden. Dabei spielt es keine Rolle, dass in dem Kostenvorschlag noch 19 Prozent angesetzt wurden. Ebenso unerheblich ist der Zeitpunkt der Rechnung. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn der Handwerker die Rechnung erst im Januar 2021 schickt, die reduzierte Mehrwertsteuer angesetzt werden muss. Gleiches gilt übrigens auch für Teilleistungen. 

Der Verbraucherschutz weist aber darauf hin, dass bei vereinbarten Festpreisen keine Reduzierung drin ist. Das liegt daran, da es sich bei einem Festpreis um einen Bruttopreis (inkl. Mehrwertsteuer) handelt. 

Julia Ptock