Frauen und Finanzen

Am 08. März wird der internationale Frauentag gefeiert. Ein Grund, um auf Meilensteine der Gleichstellungspolitik zu blicken und der Frage nachzugehen, wie Frauen eigentlich mit dem Thema Geld umgehen.

Julia Ptock
Frauen und Finanzen

Bereits 1911 wurde der erste internationale Frauentag gefeiert. Seit dem hat sich viel verändert in unserer Gesellschaft. Die Gleichstellungspolitik des letzten Jahrhunderts hat dabei auch Auswirkungen auf das Thema Frauen und Finanzen.

 Meilensteine der Emanzipation

Im 20sten Jahrhundert hat sich für Frauen sehr viel verändert und verbessert. Ob Wahlrecht, das Recht, ein eigenes Konto zu eröffnen oder die Möglichkeit, selbstbestimmt über die eigenen Ziele zu verfügen, sind nur einige Meilensteine. Nachfolgend eine kleine Chronik der wichtigsten Meilensteine in puncto Gleichberechtigung. 

 19. März 1911 

Der erste Internationale Frauentag wird gefeiert. Er geht auf eine Initiative von Clara Zetkin hervor. Ziel der Initiative war es, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern voranzubringen und das Frauenwahlrecht einzuführen. 

 November 1918

Der Rat der Volksbeauftragten räumt Frauen das aktive und passive Wahlrecht für die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung ein. Mehr als 17 Millionen Frauen konnten Ende 1918 erstmals das neue Recht nutzen. Wahrgenommen haben es über 80 Prozent der Frauen. Zur Wahl traten übrigens 300 Frauen an, 37 weibliche Abgeordnete zogen ins Parlament ein. 

Allerdings verloren Frauen 1933 das passive Wahlrecht wieder bis zum Ende des Dritten Reichs im Jahre 1945.

 1949

Frida Nadig, Helene Weber, Helene Wessel und Elisabeth Selbert gingen als “Mütter des Grundgesetzes” in die Geschichte ein. Ihnen ist zu verdanken, dass der Grundsatz “Männer und Frauen sind gleichberechtigt” in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes aufgenommen wurde.

 24. Januar 1952

Der Deutsche Bundestag beschließt an diesem Tag das “Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter”. Ab diesem Zeitpunkt alt, dass werdende Mütter sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Entbindung zu Hause bleiben dürfen. Zudem wurden Nachtarbeit, Sonntagsarbeit sowie Kündigung bis zu vier Monate nach der Geburt verboten. 

 18. Juni 1957

Der sogenannte “Gehorsamsparagraf”, der dem Mann in der Ehe das Recht zur Entscheidung aller gemeinsamen Angelegenheiten zugesprochen hat, wurde ersatzlos gestrichen. Grund: Der Paragraf ist mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz im Artikel 3 des Grundgesetzes nicht vereinbar.  

Bis dahin verwaltete der Mann das von seiner Frau in die Ehe eingebrachte Vermögen, die daraus erwachsenden Zinsen und das Gehalt, das seine Frau verdiente. Ab 1958 waren Frauen berechtigt, ein eigenes Konto eröffnen und damit über ihr eigenes Geld zu entscheiden. Außerdem durfte der Mann ab 1958 nicht mehr über das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden. Heißt: Er durfte nicht mehr das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen, wenn er der Meinung war, dass sie sich nicht ausreichend um Haus und Familie kümmerte. 

 14. November 1961

Die erste Bundesministerin benannt. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer ernennt Elisabeth Schwarzhaupt zur Bundesministerin für Gesundheitswesen. Damit war Schwarzhaupt die erste Frau an der Spitze eines Bundesministeriums in Deutschland. 

 1977

Das erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts tritt in Kraft. Demzufolge gab es keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung in der Ehe mehr. Seitdem wird im Falle einer Scheidung nicht mehr nach Schuld gesucht, sondern es gilt das sogenannte Zerrüttungsprinzip. 

 1979

Bundesfamilienministerin Antje Hübner führt den Mutterschaftsurlaub mit Arbeitsplatzgarantie und Kündigungsschutz sowie das Mutterschaftsurlaubsgeld ein, das eine Lohnersatzleistung in Höhe von maximal 750 DM bis zu sechs Monaten vorsieht.

 18. Dezember 1980

Die Bundesregierung unterzeichnet bei der Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Kopenhagen das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

In diesem Jahr wurde zudem mit einer Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Verbot, Arbeitnehmer wegen ihres Geschlechts zu benachteiligen, festgeschrieben. Die Änderung beinhaltet auch, dass Frauen das gleiche Gehalt für die gleiche Arbeit erhalten. 

 November 1994

Das Gleichberechtigungsgebot in Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz wird ergänzt: “Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.”

Zudem tritt das zweite Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass Stellenausschreibungen sich sowohl an Männer als auch an Frauen richten müssen. Man musste ab diesem Zeitpunkt also deutlich machen, dass beide Geschlechter gemeint sind, zum Beispiel durch den Zusatz “(m/w)“

 15. Mai 1997

Der Bundestag beschließt mit einer überwältigenden Mehrheit von 470 Stimmen (138 Nein-Stimmen, 35 Enthaltungen), dass Vergewaltigung in der Ehe strafbar ist

 22. November 2005

Angela Merkel wird erste Bundeskanzlerin Deutschlands. 

 01. Januar 2016

Seit 2016 gilt die flexible Geschlechterquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in etwa 150 großen Unternehmen. Zudem wurden über 3500 weitere Unternehmen dazu verpflichtet, sich Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen zu setzen. 

 2019

Der am 08. März begangene Internationale Frauentag ist ein gesetzlicher Feiertag in Berlin.

 Gleichberechtigung auf dem Papier, aber…

Die gute Nachricht: Immer mehr Frauen gehen arbeiten und verdienen ihr eigenes Geld. 2018 drei Viertel der Frauen (76 Prozent) im Alter zwischen 20 und 64 Jahren erwerbstätig. 2008 lag der Wert noch bei 68 Prozent. Damit hat Deutschland nach Schweden (80 Prozent) und Litauen (77 Prozent) die dritthöchste Erwerbstätigenquote von Frauen in der Europäischen Union, so das Statistische Bundesamt. Das Problem ist allerdings, dass fast die Hälfte der arbeitstätigen Frauen nur in Teilzeit arbeiten. Bei Männern sind es nur 9 Prozent. 

Die gestiegene Erwerbstätigenquote trägt auch zur finanziellen Unabhängigkeit von Frauen bei: Im Zeitraum 2008 bis 2018 ist der Anteil jener Frauen in Deutschland im Alter von 20 bis 64 Jahren, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Berufstätigkeit bestreiten, von 59 Prozent auf 68 Prozent gestiegen (Männer 2018: 81 Prozent). Umgekehrt ist in diesem Zeitraum der Anteil der Frauen, die überwiegend aus Einkünften ihrer Eltern, des Ehepartners oder der Ehepartnerin leben, von 23 Prozent auf 17 Prozent gesunken. 

 Gender Pay Gap 

Aber auch wenn viele Frauen mittlerweile ihre eigens Geld verdienen, bekommen sie für die gleiche Arbeit noch immer weniger Geld als Männer. Die sogenannten Gender Pay Gap beschreibt den Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen. Aktuell liegt dieser bei circa 21 Prozent. So viel weniger verdienen Frauen derzeit weniger, als ihre männlichen Kollegen in einer vergleichbaren Position. Deshalb spielt der Gender Pay Gap eine so hochwichtige Rolle, wenn es um Frauen und Geld, Frauen und Vermögen sowie die Absicherung für Frauen geht. Dem neuesten Global Gender Pay Report des World Economic Forum (WEF) zufolge wird es nach aktuellem Stand noch 217 Jahre dauern, bis es eine endgültige Gleichheit zwischen dem Verdienst von Männern und Frauen gibt.

 Gender Pension Gap

Als Resultat der Gender Pay Gap ergibt sich zudem die Gender Pension Gap. Damit wird die unterschiedliche Höhe der Rentenbezüge von Frauen und Männern bezeichnet. Sie ergibt sich als natürliche Konsequenz aus den abweichenden Gehältern. Wie groß diese Lücke ist, zeigen Daten der Deutschen Rentenversicherung: Während in den alten Bundesländern Frauen 2018 eine durchschnittliche Rente von 622 Euro bezogen haben, bekamen Männer 1.095 Euro mehr. Das ist ein Unterschied von 473 Euro. 

 Equal Pay Day

Während am 08. März der internationale Frauentag gefiert wird, ist 9 Tage später, am 17. März, der “Equal Pay Day”. Der Equal Pay Day markiert symbolisch die geschlechtsspezifische Lohnlücke. Umgerechnet ergeben sich daraus 77 Tage, die Frauen 2020 umsonst arbeiten.

 Kredite und Schulden

2019 waren laut des SchuldnerAtlas Deutschlands rund 3,46 Millionen Haushalte bzw. 6,92 Millionen Personen in Deutschland überschuldet und nachhaltig zahlungsgestört. Nach Geschlechtern aufgeteilt, waren 4,22 Millionen Männer und 2,70 Millionen Frauen überschuldet. Damit liegt die Überschuldungsquote bei Frauen bei 7,65 Prozent. Die Quote überschuldeter Frauen ist in Deutschland seit 2004 von 6,09 Prozent bis 2019 um 1,56 Punkte gestiegen – dies sind rund 615.000 Überschuldungsfälle mehr als noch vor 15 Jahren. 

2018 kamen auf die Gesamtpopulation gerechnet 0,25 Kredite auf jede Frau und 0,34 Kredite auf jeden Mann. Ob das daran liegt, dass Männer eher dazu neigen, Kredite aufzunehmen oder aufgrund ihres in der Regel höheren Einkommens den Kreditantrag für die Familie stellen, lässt sich nicht eindeutig bestimmen.

Allerdings zeigte 2018 eine anonyme Analyse von über 70.000 Nutzerinnen und Nutzern, dass Frauen im Durchschnitt höhere Zinsen für Kredite zahlen. Nutzerinnen von bonify haben 2018 durchschnittliche Zinssätze von 5,1 Prozent. Männliche Nutzer hingegen 4,89 Prozent. Auch die monatlichen Kreditraten unterscheiden sich. Während Frauen pro Monate 215 Euro bezahlen, sind es bei Männern 274 Euro. 

 So viel Geld sparen Frauen

Der Bankenverband hat 2019 analysiert, wie es um das Spar- und Anlageverhalten von Frauen bestellt ist. Dabei kam heraus, das Frauen insofern anders sparen als Männer, als dass sie deutlich weniger sparen (können). Denn während knapp ein Drittel der Männer monatlich über 200 Euro bei Seite legt, tut das nur ein Fünftel der Frauen. Sparbeträge über 500 Euro sparen sogar nur doppelt so viele Männer (12 Prozent) wie Frauen (6 Prozent).  

Der Blick auf die Sparmotive zeigt kaum signifikante Unterschiede. Während 29 Prozent der Frauen angeben, für “Notfälle” zu sparen, sind es bei den Männern 27 Prozent. Minimale Abweichungen von gerade einmal einem Prozent Unterschied gibt es bei den Motiven “größere Anschaffungen” und “Altersvorsorge”. Interessant: Während 4 Prozent der Frauen angeben, für “Familie, Enkel oder Erben” zu sparen, scheint dieses Sparmotiv für Männer überhaupt nicht relevant zu sein.

Julia Ptock